Geldanlagen

So sehen die Zinsaussichten für die USA und die Eurozone aus

Die Notenbanken bleiben das dominante Thema an den Finanzmärkten – vor allem die Zinsentscheide der US-Notenbank und der Europäischen Zentralbank (EZB).

Christoph Sax
Chief Investment Officer
Publiziert am
17. April 2024

Die EZB hat vergangene Woche wenig überraschend die Zinsen unverändert gelassen. Notenbankchefin Christine Lagarde signalisierte jedoch, dass angesichts der Inflationsentwicklung baldige Zinssenkungen gerechtfertigt seien. Derweil ist in den USA der Optimismus auf eine ähnliche Zinsentwicklung gesunken. Ursprünglich hatte der Markt vier bis sechs Zinssenkungen in den USA erwartet, nun sind es nur noch ein bis zwei.

Der Grund dafür ist, dass die Inflation weniger schnell als erwartet gesunken ist. Die jüngsten Daten zeigen gar, dass die Teuerung wieder angezogen hat – von 3,2 auf 3,5 Prozent.

Dies hat sogar Stimmen auf den Plan gerufen, die statt Senkungen weitere Zinserhöhungen fordern. Allerdings blendet diese Entwicklung aus, dass die Inflationsentwicklung in den USA auf einer anderen Berechnungsbasis erfolgt als etwa in der Eurozone. Diese eigene Methode hat zur Folge, dass die Inflation in den USA durch die unterstellten Wohnkosten künstlich hochgehalten wird.

In den USA sind zwei Drittel aller Haushalte Wohneigentümer. Zur Messung ihrer Wohnkosten unterstellt die US-Statistikbehörde eine fiktive Preisentwicklung: Sie schätzt, wie viel Eigentümer bezahlen müssten, wenn sie ein gleichwertiges Objekt am Markt neu mieten würden. Solche modellbasierten Schätzungen fliessen bei der EU-Methode dagegen nicht ein. In den USA sind die so kalkulierten Wohnkosten ein zentraler Teuerungstreiber. Sie liegen noch immer 5,7 Prozent über dem Vorjahresniveau. Die effektive Teuerung der Marktmieten hat sich dagegen wesentlich stärker abgeschwächt.

Berechnet man die Inflation in den USA mit der gleichen Methode wie in der Eurozone, dann zeigt sich ein sehr ähnliches Bild (vgl. Grafik). Die Inflationsraten sind nahezu gleich hoch. Daraus lässt sich ableiten, dass die Inflationsrisiken in den USA und der Eurozone gar nicht so unterschiedlich sind, auch wenn die offiziellen Zahlen ein anderes Bild zeigen. Die EZB und das Fed stützen ihre Politik letztlich lediglich auf zwei unterschiedlichen Inflationsmassen ab, die globalen Treiber der Teuerung bleiben indessen dieselben.

Deshalb kann man davon ausgehen, dass Leitzinssenkungen mittel- bis langfristig auch in den USA zum Thema werden. Die EZB dürfte ihre Zinsen bereits im Juni, spätestens aber im Juli senken. In den USA hingegen sind Zinssenkungen vorerst vom Tisch.

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