Geldanlagen

Noch wartet die Europäische Zentralbank mit Zinssenkungen ab

Immer mehr deutet darauf hin, dass in Europa die Zinsreise in diesem Jahr nach unten geht. Doch wie wahrscheinlich ist das? VZ-Anlagechef Christoph Sax ordnet die Ausgangslage ein.

Christoph Sax
Chief Investment Officer
Publiziert am
31. Januar 2024

Die Finanzmärkte richteten ihre Augen auf die Europäische Zentralbank (EZB), als sie vergangene Woche ihren Zinsentscheid bekanntgab. Vorerst beliess sie den Einlagensatz unverändert bei 4 Prozent (vgl. Grafik).

Allerdings war bei der Kommunikation des Entscheids doch erkennbar, dass sich einige Nuancen seit Dezember verändert haben. So hat sich EZB-Präsidentin Christine Lagarde nicht mehr explizit gegen baldige Zinssenkungen ausgesprochen. Es überrascht deshalb kaum, dass die Finanzmärkte immer frühere Leitzinssenkungen einpreisen.

Aktuell wird erwartet, dass die EZB den Einlagensatz von heute 4 Prozent bis Ende des Jahres auf 2,75 Prozent senken wird. Bereits vor zwei Wochen zeigte sich Lagarde bei einer Rede am World Economic Forum (WEF) in Davos zuversichtlich, dass die EZB bereits im Sommer die erste Zinssenkung bekanntgeben kann. Noch weiter geht EZB-Ratsmitglied François Villeroy de Galhau, seines Zeichens Gouverneur der französischen Notenbank. 

Er sagte diese Woche in einem Interview, dass die EZB bereits im Frühling die Geldpolitik wieder lockern könnte. Doch was macht ihn so zuversichtlich? Ein Blick auf die Inflationsdaten der Eurozone zeigt, dass sich der Teuerungs-Trend der Kerngüter in den vergangenen Monaten stark abgeflacht hat. Zwar liegt die Kernteuerung noch bei 3,4 Prozent und damit deutlich über dem 2-Prozent-Ziel der EZB. Das hat aber in erster Linie damit zu tun, dass die Vergleichsbasis des Vorjahrs tief war. Aus diesem Grund dürfte die Inflation im Februar nochmals leicht nach oben gehen. 

In den darauffolgenden Monaten sieht es aber danach aus, dass sich die Inflation zügig abschwächen wird. Dann dürfte die Kernteuerung schnell in Richtung des 2-Prozent-Bereichs bewegen. Ein Zeichen für diese Entwicklung ist der Preisanstieg der Kerngüter, der im zweiten Halbjahr 2023 nur noch 0,5 Prozent betrug. Auf ein Jahr hochgerechnet wären es also lediglich 1 Prozent. 

Diese Hinweise zeigen, dass die 2-Prozent-Hürde in Griffweite ist. Die Entwicklung der Inflation ist aber nur die eine Seite, die beleuchtet werden muss. Die andere ist die aufgeblähte Bilanz der EZB. Etwas untergegangen ist, dass die EZB ihre Bilanz in wenigen Monaten von 8,8 auf unter 7 Billionen Euro verringert hat – also ein Minus von über 1,8 Billionen Euro. Damit ist die Bilanz aber immer noch grösser als vor der Pandemie. 

Mit der Bilanzreduktion entzieht die EZB den Finanzmärkten Liquidität und hemmt den Rückgang der langfristigen Zinsen Das wirkt zusätzlich straffend auf das Finanzierungsumfeld. Die EZB dürfte ihre Bilanzreduktion auch fortsetzen, falls der Leitzins im Jahresverlauf mehrfach gesenkt wird. Die Zinskurve würde dadurch tendenziell steiler.

Weitere Wirtschaftsnews
 

US-Konsumstimmung hellt sich auf

Die US-Wirtschaft steuert weiterhin auf eine sanfte Landung zu. So hat sich die Konsumenten-Stimmung im Januar weiter aufgehellt. Das entsprechende Barometer des Conference Board stieg von 108 auf 114,8 Zähler. Im vierten Quartal 2023 wuchsen zudem die privaten Konsumausgaben um 3,1 Prozent. Das ist deshalb von Bedeutung, weil diese mehr als zwei Drittel zur Wirtschaftsleistung beitragen.

Schweizer Uhren so gesucht wie noch nie

Die Schweizer Uhrenhersteller haben im vergangenen Jahr eine Rekordzahl an Zeitmessern exportiert. Besonders gefragt waren die «Swiss-made»-Uhren in Asien, aber auch im wichtigsten Absatzmarkt USA, in der Golfregion sowie in Europa nahmen die Verkäufe zu. Gesamthaft betrugen die Uhrenexporte 26,7 Milliarden Franken – ein Plus von 7,6 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Für dieses Jahr erwartet die Uhrenbranche indes eine Beruhigung, nachdem sich bereits im zweiten Halbjahr 2023 eine Abflachung bemerkbar gemacht hatte.

Europäische Wirtschaft vermeidet knapp eine Rezession

Die Wirtschaft in der Eurozone stagnierte im letzten Quartal 2023. Damit entging die Region knapp einer technischen Rezession. Davon ist die Rede, wenn das Wirtschaftswachstum in zwei aufeinanderfolgenden Quartalen negativ ausfällt. Nachdem im Sommerquartal das Wachstum mit –0,1 Prozent knapp negativ ausfiel, stagnierte das Bruttoinlandprodukt zwischen Oktober und Dezember. Allerdings bleiben die Aussichten vorerst anspruchsvoll. Im weiteren Jahresverlauf könnte sich das Wachstum indes leicht beschleunigen.