Geldanlagen

So sehen die Notenbanken die Zinsen für das Jahr 2024

In der vergangenen Woche gab es zum letzten Mal in diesem Jahr wegweisende Notenbankentscheide. Nun ist klar, wie die Währungshüter die Zinslandschaft im kommenden Jahr beurteilen. 

Christoph Sax
Chief Investment Officer
Publiziert am
20. Dezember 2023

Die US-Notenbank Fed, die Europäische Zentralbank (EZB), die Schweizerische Nationalbank (SNB) und die Bank of England (BoE) liessen die Zinsen unverändert. Das hatte sich abgezeichnet, obwohl die Notenbanken bis vor kurzem stets betonten, dass der Inflationsdruck noch zu hoch sei. Die langfristigen Zinsen haben den Marschhalt der Notenbanken vorweggenommen. Die Inflations- und Zinserwartungen sind deutlich gesunken. 

In der Folge haben die Renditen über alle Laufzeiten kräftig nachgegeben. Das spiegelt sich auch in den Zins-Futures. Diese bilden die Markterwartung für die Leitzinsen 2024 ab (siehe Grafik).

Spannend war vor allem der Ausblick der Notenbanken: Wie geht es 2024 weiter? Wie weit lehnen sich die Notenbanker aus dem Fenster heraus? Und wie sehr stimmen die Markterwartungen mit den Aussagen der Notenbanken überein? So viel vorweg: Die Botschaft der Notenbank-Vorsitzenden war teilweise überraschend klar.

Fed: Jerome Powell, der Chef der US-Notenbank, löste mit seinen Kommentaren zu den Zinsen eine kleine Rally in fast allen Anlageklassen aus. Powell liess überraschend klar durchblicken, dass das Fed bereits über das Timing der Leitzinssenkungen nachdenkt – obwohl der Arbeitsmarkt noch immer Signale der Stärke sendet. Powell gab sich damit vermutlich etwas gar zuversichtlich – im Gegensatz zu anderen Mitgliedern des Offenmarktausschusses, die anschliessend versuchten, die Euphorie an den Finanzmärkten zu dämpfen.

 Die Mitglieder des Offenmarktausschusses erwarten, dass das Fed den Leitzins bis Ende 2024 drei Mal senken kann. Noch zuversichtlicher ist der Finanzmarkt: Er geht aktuell von fünf Zinssenkungen bis Ende 2024 aus. Nach Ansicht des Marktes dürften die Zinsen aber nicht so tief sinken wie vor der Pandemie. Das heisst, dass nicht mit einer grösseren wirtschaftlichen Krise gerechnet wird, sondern mit einem Soft Landing.

EZB: Etwas vorsichtiger agiert Präsidentin Christine Lagarde. Sie verneinte klar, dass es in der ersten Jahreshälfte 2024 zu Zinssenkungen kommen könnte. Ihren Aussagen zufolge braucht der EZB-Rat mehr Evidenz, dass die Löhne und Lohnstückkosten weniger stark wachsen. Und sie betonte, dass üblicherweise zwischen dem Ende des Zinserhöhungszyklus und dem Beginn von Zinssenkungen eine relativ lange Zeitspanne liege. Es ist denkbar, dass Lagarde mit diesen Aussagen die Euphorie an den Märkten bremsen wollte und erst Zinssenkungen des Fed abwartet. Bei Senkungen des Fed könnte die EZB durchaus nachziehen. Der Markt geht jedenfalls von bis zu sechs Zinssenkungen im Euroraum bis Ende 2024 aus.

SNB: Präsident Thomas Jordan wollte in seinem Ausblick das Wort «Zinssenkung» ebenfalls nicht aussprechen. Es wurde aber deutlich, dass auch für die SNB die Zeit der Zinserhöhungen vorüber sein dürfte, sofern sich nichts Aussergewöhnliches ereignet. Die SNB orientiert ihren Leitzins-Entscheid immer an der Inflationsprognose. Hier sieht die SNB einen wesentlich geringeren Druck als noch vor drei Monaten. Gemäss der neuesten Prognose wird die Teuerung nochmals anziehen, weil Mieten, Stromtarife und Mehrwertsteuer angehoben werden. Sie verharrt aber dennoch über das ganze kommende Jahr unter 2 Prozent. 

Die SNB begründet das unter anderem damit, dass es weniger Zweitrundeneffekte geben wird. Ausserdem dürfte der Preisdruck in anderen Bereichen nachlassen. Die neusten Daten des Bundesamts für Statistik zeigen, dass die Mieten weniger angehoben wurden als zunächst erwartet. Hier besteht aber noch etwas Unsicherheit. Auch in der Schweiz gehen die Finanzmärkte von mehreren Zinssenkungen 2024 aus – wobei der erste Schritt bereits im März erfolgen könnte.

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