Bankgeschäfte

Versteckte Zahlungen an Banken? Die gehören so oder so verboten

Finanzprofessor Nic Schaub hat Daten des VZ-Depotchecks wissenschaftlich ausgewertet. Ein Gespräch über den Interessenkonflikt der Banken mit eigenen Anlageprodukten und das Problem der Provisionen, die nicht offengelegt werden.

Herr Schaub, das VZ wertet seit über zehn Jahren Depotauszüge von Bankkunden aus. Sie haben diese Daten in anonymisierter Form wissenschaftlich genutzt. Weshalb?

In der Schweiz sind bei Vermögensverwaltungsmandaten Provisionen für den Verkauf von Finanzprodukten seit mehreren Jahren verboten. Provisionen sind Entschädigungen, welche die Anbieter von Finanzprodukten den Banken zahlen, falls sie deren Produkte den Kunden verkaufen. Das führt potenziell zu Interessenkonflikten. Zusammen mit meinem Ko-Autor Simon Straumann wollte ich deshalb in einer Forschungsarbeit der Frage nachgehen, was ein Verbot von Provisionen konkret bringt. Wie wirkt es sich auf die Zusammenstellung der Depots der Bankkunden aus? Und wie auf die Depotrenditen? Und versuchen Banken, die entgangenen Erträge gegebenenfalls zu kompensieren? Der Datensatz des VZ ist in dieser Hinsicht einzigartig. Wir hätten kaum Möglichkeiten gehabt, auf einem anderen Weg zu einem solch reichhaltigen Datensatz zu kommen, der uns diese Auswertung ermöglicht. So können wir Portfolios von Bankkunden, die von einem Provisionsverbot betroffen sind, vergleichen mit jenen, die davon nicht betroffen sind.

Welche Erkenntnisse sind für Sie besonders aufschlussreich?

Es gibt zwei Ergebnisse, die besonders interessant erscheinen. Erstens: Der Anteil von bankeigenen Fonds und bankeigenen strukturierten Produkten in den Kundendepots steigt signifikant an, nachdem die Banken angekündigt haben, dass sie auf die Entgegennahme von Provisionen zumindest teilweise verzichten. Und zweitens: Die risikoadjustierte Rendite der Kundenportfolios wird nach dem Verzicht auf Provisionen deutlich schlechter, im Vergleich zu den Kundenportfolios, die vom Provisionsverbot nicht betroffen sind.

Das ist aber nicht zum Nutzen der Anleger?

Nein, im Gegenteil. Eigene Finanzprodukte sind für die Banken äusserst profitabel. Sie werfen jedoch oft eine Rendite ab, die unter der Rendite von nicht bankeigenen Produkten liegt. Das bestätigen verschiedene wissenschaftliche Studien. Es ist also keinesfalls klar, dass bankeigene Produkte im besten Interesse der Kunden sind.

Das heisst: Verbote bewirken oft nicht das, was sie sie eigentlich beabsichtigen?

Es bestätigt sich, dass jedes Verbot Nebeneffekte auslösen kann. Solche werden aber nur mit einer zeitlichen Verzögerung erkennbar. Deshalb lässt sich auch die Frage erst später beantworten, ob die Nebenerscheinungen kleiner oder grösser ausfallen als das eigentliche Problem, das man lösen wollte – nämlich dann, wenn man die Nebeneffekte wissenschaftlich erforscht hat.

Auch das Verbot von Provisionen hat zu Nebenerscheinungen geführt. Ist es trotzdem zielführend?

Aus meiner Sicht gehören versteckte Zahlungen so oder so verboten. Das Verbot allein reicht aber nicht aus, um die Interessenkonflikte in der Finanzberatung zu beseitigen. Das zeigt unsere Studie. Es braucht immer ein Zusammenspiel verschiedener Massnahmen. So lässt sich vermeiden, dass die Banken das Problem einfach verlagern. 

In Deutschland ist die Provisionsberatung noch immer weitverbreitet. Allerdings muss der Anleger über die Kosten der Produkte genau aufgeklärt werden. Ist das ein besserer Weg als ein Verbot?

Grundsätzlich ist es ein guter Anfang. Jede zusätzliche Information, die ein Anleger zu einem Finanzprodukt erhält, ist positiv. Sinnvoll ist diese Transparenz aber erst dann, wenn ein Anleger sich wirklich die Mühe macht oder in der Lage ist, die Kosten eines Produkts mit jenen von anderen Anbietern zu vergleichen. 

Was kann ein Anleger tun, um sich vor den Interessenkonflikten der Banken zu schützen?

Man sollte einem Bankberater grundsätzlich kritisch und mit einer Portion Skepsis entgegentreten. Der Kunde sollte versuchen zu verstehen, weshalb der Berater ein Produkt anbietet und ob er tatsächlich im Interesse des Kunden agiert. Zusätzlich zu empfehlen ist, dass der Anleger eine Zweitmeinung einholt. Das kann bei einer anderen Bank sein oder bei einer unabhängigen Finanzberatung. Ungeachtet dessen ist es wichtig, dass man in Finanzfragen so viel wie möglich selber versteht, damit man dem Berater auf Augenhöhe begegnen kann.

Zur Person

Der gebürtige Basler Nic Schaub (39) ist Professor für Household Finance an der renommierten deutschen Hochschule WHU - Otto Beisheim School of Management. Schaub hat an den Universitäten Basel und St. Gallen (HSG) Wirtschaft sowie Banking und Finance studiert und an der Universität Mannheim in Finance promoviert. In seiner Forschung fokussiert er sich auf Themen wie das Verhalten von Privatanlegern oder die Rolle von Finanzberatung.