Pensionierung

"Pensionierung? Das ist für mich kein Thema."

Kaum einer hat die Deutschschweizer Comedy-Szene so geprägt wie der 71-jährige Satiriker und Entertainer Viktor Giacobbo. Ein Gespräch über Alter, Unabhängigkeit und Unternehmertum.

© Bruno Augsburger

Herr Giacobbo, mit 65 sagten Sie: "Jetzt kann ich meine Neigung zur Faulheit besser strukturieren." Ist Ihnen das gelungen? Sie sind als Autor, Satiriker, Moderator und Regisseur umtriebiger denn je ...

Heute mache ich nur noch das, was mir Spass macht. Seit wir vor sechs Jahren mit "Giacobbo/Müller" aufgehört haben, bin ich mit langfristigen Engagements wählerischer geworden. Ich geniesse es, auch spontan ein Projekt umzusetzen. Mit der Pensionierung hat das gar nichts zu tun: Pensionierung und Alter sind keine grossen Themen für mich.

Wie meinen Sie das?

Das Alter passiert einfach, und ich habe keine Mühe damit. Klar stelle ich Veränderungen fest. Man sieht nicht mehr so grandios aus wie früher. Aber im Kopf fühle ich mich alterslos. Alt wird man, wenn man die Neugier verliert – wenn man keine neue Musik hört, keine neuen Bücher liest, sich nicht für technische Innovationen interessiert und sich nicht mehr auf neue Menschen, Länder und Erfahrungen einlässt. Ich kenne Dreissigjährige, die so was von alt und verstockt wirken, weil sie nicht mehr neugierig sind.

Ganz unbemerkt ging die Pensionierung aber nicht an Ihnen vorbei.

Irgendwann merkte ich, dass da regelmässig Geld von der AHV kommt. Zuerst dachte ich, dass die mir etwas zurückzahlen, weil ich zu viel eingezahlt habe (lacht). Das ist natürlich die Antwort eines Privilegierten. Im Ernst: Die meisten Leute sind froh, wenn die AHV kommt, denn sie sind darauf angewiesen. Darum sollten wir dem Vorsorgewerk Sorge tragen. Ich habe aber keinen Job, bei dem man seinen Abschied mit 65 vorbereitet. Ich bin Unternehmer, da hört man nicht einfach auf. Mein Name ist fest mit dem Casinotheater Winterthur verbunden. Das ist ein KMU mit 70 Angestellten, das seit mehr als 20 Jahren erfolgreich ist – unabhängig von Subventionen.

Wie wichtig ist Unabhängigkeit für Satire?

Bei "Giacobbo/Müller" war Unabhängigkeit unser Erfolgsrezept. Satiriker müssen übertreiben, zuspitzen und unterhalten. Das geht am besten, wenn man keine Vorgesetzten hat, die einem sagen, was man darf und was nicht. Und das wird immer wichtiger angesichts der neuen Medien, Fake News und Informations-Bubbles. Vor allem junge Menschen informieren sich gerne bei Satirikern, weil sie wissen, dass die unabhängig sind. Ein junger Zuschauer sagte mir einmal, dass er erstaunt festgestellt hatte, dass es die Politiker aus unserer Late Night Show tatsächlich gibt. Das verstehe ich als Kompliment.

Zur Person

Viktor Giacobbo kam 1952 in Winterthur auf die Welt. Er lernte Schriftsetzer und arbeitete als Korrektor, Lektor und Dokumentalist. Als Entertainer wurde er mit Satire-Sendungen wie "Viktors Spätprogramm"und "Giacobbo/Müller" bekannt. Seine Arbeit  wurde mehrfach ausgezeichnet,unter anderem mit dem Salzburger Stier. Viktor Giacobbo ist Verwaltungsratspräsident des Casinotheaters Winterthur und Verwaltungsrat des Verlags Kein & Aber.