Pensionierung

"Ein höheres Rentenalter ist kein Tabu"

Hanspeter Konrad ist Direktor des ASIP, des Dachverbands von gut 900 Pensionskassen, die für rund 650 Milliarden Franken verantwortlich sind. Ein Gespräch über Renten, Reformen und Regularien.

Herr Konrad, im Sommer gehen Sie nach fast 20 Jahren als Direktor des Pensionskassenverbands in Pension. Wie beziehen Sie Ihre Ersparnisse: als Rente oder Kapital?

(lacht) Ich fühle mich gesund und hoffe, dass ich noch einige Jahre vor mir habe. Darum beziehe ich die Rente und nur einen Teil als Kapital. Das ist meine persönliche Wahl – sie lässt sich nicht verallgemeinern.

Sie sind für ein höheres Rentenalter, hören aber mit 65 ganz auf. Wie passt das zusammen?

Ich gehe als Direktor des Verbandes in Pension, bleibe aber als Stiftungsrat in verschiedenen Pensionskassen tätig. Wer die demografische Entwicklung anschaut, erkennt schnell, dass das Renteneintrittsalter zum Beispiel auf 67 erhöht und flexibilisiert werden muss – dieses Thema sollte in der Schweiz kein Tabu mehr sein.

Warum ist das so?

Wir leben länger und bleiben länger fit. Es lässt sich nicht rechtfertigen, dass die Jungen für die längere Lebensdauer der Pensionierten zahlen müssen, während wir ihnen gleichzeitig das Geld wegnehmen, das sie für ihre eigenen Renten sparen müssten.

Unsere Kinder bekommen voraussichtlich viel weniger Rente. Trägt die geplante BVG-Reform dazu bei, dieses Problem zu lösen?

Wie alle Reformen hat auch diese Vor- und Nachteile. Gut ist, dass der neue Koordinationsabzug Teilzeitbeschäftigte besserstellen will. Auch die tiefere Eintrittsschwelle ist positiv, weil sich mehr Menschen in einer Pensionskasse versichern können.

Und wie verändern sich die Renten?

Die Senkung des gesetzlichen Umwandlungssatzes von 6,8 auf 6 Prozent betrifft nur die Guthaben im Obligatorium; die meisten Beschäftigten sind aber auch im Überobligatorium versichert. Ihre Renten werden schon heute mit einem Mischsatz berechnet, der in der Regel unter 6 Prozent liegt. Problematisch ist das Konzept der Kompensationen für die betroffene Übergangsgeneration. Diese gehen zulasten der Jüngeren und machen die Verwaltung komplizierter.

Es gibt immer weniger Pensionskassen. Setzt sich dieser Trend fort?

Leider lässt sich diese Entwicklung nicht aufhalten, obwohl auch kleinere Pensionskassen sehr effizient arbeiten. In den letzten Jahren sind die Vorschriften komplexer geworden, und die Komplexität nimmt weiter zu. Darum steigen die Verwaltungskosten. Kleinere Pensionskassen können diese Kosten nicht auf mehr Versicherte verteilen. Viele Arbeitgeber prüfen deshalb den Anschluss an eine Sammel- oder Gemeinschaftsstiftung.

Auch Broker sind ein Kostentreiber. Ihr Verband hat ein Verbot der Courtagen gefordert, weil unterschiedlich hohe Entschädigungen zu Interessenkonflikten führen können. Was hat das bewirkt?

Unser Vorstoss wollte kein Verbot von Brokern. Neben der Finanzierung zielte er vor allem auf die Transparenz und Ausbildung der Broker. Diese Themen wurden aufgenommen, Courtagen werden aber weiterhin bezahlt. Das nehmen wir so zur Kenntnis …

Zur Person

Hanspeter Konrad studierte Rechtswissenschaften an der Uni Zürich und führt seit 2004 den Schweizerischen Pensionskassenverband (ASIP). Er vertritt den Verband im Sicherheitsfonds BVG und ist Dozent an mehreren Fachhochschulen.