Nachlass

Erbvorbezug: Klären Sie diese Punkte

Familien, die bereits zu Lebzeiten Vermögen weitergeben möchten, sollten das gut vorbereiten. Den Empfängern muss ebenfalls bewusst sein, was die Folgen eines Erbvorbezugs sind. Denn auch in harmonischen Familien kann es sonst zu Konflikten kommen.

Eva Maria Buser
Nachlassexpertin
Publiziert am
15. Juli 2025

Ob für den Kauf eines Eigenheims, eine Weiterbildung oder die Gründung einer eigenen Firma: Es kann sehr sinnvoll sein, wenn die Eltern ihren Kindern bereits zu Lebzeiten einen Teil ihres Vermögens weitergeben. Denn gerade wenn es ums Eigenheim geht, haben immer weniger junge Familien genug Eigenmittel und Einkommen, um sich aus eigener Kraft etwas zu leisten – wegen der steigenden Hauspreise und der Anforderungen der Banken.

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Erbvorbezug – das müssen Sie beachten

Erfahren Sie, welche erbrechtlichen und steuerlichen Folgen Sie bei einem Erbvorbezug prüfen müssen, damit Sie die Beschenkten nicht in Bedrängnis bringen.

Allerdings darf man bei der Gewährung von Erbvorbezügen keine Fehler machen – und die Kinder und Eltern müssen sich bewusst sein, welche erbrechtlichen und steuerlichen Folgen ein Erbvorbezug hat. Sonst kann es spätestens bei der Erbteilung Streit geben.

Ausgleichszahlungen können die Betroffenen in Bedrängnis bringen

Bekommt ein Kind mehr, als ihm zusteht, muss es die Differenz später bei der Erbteilung grundsätzlich an die Miterben zurückzahlen. Das kann problematisch sein, wenn es sich um das Eigenheim handelt. Denn Immobilien gewinnen im Lauf der Jahre oft stark an Wert. Die Höhe der Ausgleichszahlung richtet sich jedoch nicht nach dem Wert zum Zeitpunkt des Erbvorbezugs, sondern nach dem Wert am Todestag.

Hat zum Beispiel eine Mutter vor gut 20 Jahren ihrer Tochter eine Liegenschaft geschenkt, deren Verkehrswert bis zum Tod der Mutter stark gestiegen ist, muss sich die Tochter den heutigen Wert an ihr Erbe anrechnen lassen. In der Folge muss sie ihrem Bruder 425'000 Franken als Ausgleich bezahlen. Das kann sie finanziell in Bedrängnis bringen – vor allem, wenn das Geld im Haus gebunden ist und ihr die Mittel für die Ausgleichszahlung fehlen.

Umgekehrt würde auch ein Wertverlust berücksichtigt. Achtung: Kauft die Tochter der Mutter die Liegenschaft zum Verkehrswert ab, ist dies kein Erbvorbezug und schliesst eine spätere Ausgleichspflicht aus – selbst wenn der Wert der Liegenschaft bis zum Tod der Erblasserin erheblich gestiegen ist.

Tipp: Die Eltern sollten in ihrem Testament oder Erbvertrag festhalten, wie der Erbvorbezug ausgeglichen werden muss. Solange sie die Pflichtteile der übrigen Erben nicht verletzen, können sie das beschenkte Kind ganz oder teilweise von der Ausgleichspflicht befreien. Auch ist nicht immer klar, wer wann wie viel bekommen hat. Halten Sie deshalb grössere Schenkungen schriftlich fest.

Vorsicht vor den Steuerfolgen

Ausserdem sollte man vor einem Erbvorbezug die möglichen Steuerfolgen genau abklären. Vorsichtig sollte man sein, wenn die Schenkung einer Liegenschaft mit einer Gegenleistung verbunden ist. Wer ein Haus geschenkt bekommt, muss häufig die Hypothek übernehmen und dem Schenker allenfalls ein Wohn- oder Nutzniessungsrecht einräumen. Man spricht in so einem Fall von einer gemischten Schenkung.

Ist die Gegenleistung zu hoch, bewertet der Fiskus das Geschäft nicht als Schenkung, sondern als Verkauf. Dann werden Grundstücksgewinnsteuern und allenfalls Handänderungssteuern fällig, was ebenfalls zu finanziellen Schwierigkeiten führen kann.

Dies lässt sich beispielsweise vermeiden, in dem der Schenker zuerst die Hypothek reduziert oder das Nutzniessungs- bzw. Wohnrecht zeitlich befristet, um den kapitalisierten Wert des Nutzungsrechts zu senken.

Finanzielle Unabhängigkeit nicht gefährden

Weiter sollten die Eltern beachten, dass auch sie durch Schenkungen in finanzielle Bedrängnis geraten können. Geben sie zu früh zu viel Geld weiter, können ihnen nach der Pensionierung die Mittel fehlen, um den gewünschten Lebensstandard zu halten. Denn viele müssen dafür ihr Vermögen aufbrauchen.

Es lohnt sich daher, wenn die Eltern eine solide Einkommensplanung machen, um ihre eigene finanzielle Unabhängigkeit nicht mit einer zu grossen Schenkung zu gefährden.

Tipp: Oft ist es besser, die Kinder mit einem Darlehen zu unterstützen. Wird es finanziell eng, kann man ein Darlehen wieder kündigen und das Geld zurückfordern. Und es gibt seltener Streit, weil sich die anderen Kinder nicht benachteiligt fühlen. Ein Erbvorbezug ist hingegen endgültig.

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