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Digitale Herzensbrecher: Die Maschen der Liebesbetrüger
Viele sind überzeugt: Mir passiert das nicht. Sie glauben, niemals auf Liebesschwindler hereinzufallen – und wiegen sich damit in trügerischer Sicherheit. Die Realität sieht anders aus: Die Täter handeln zunehmend professionell, gehen perfide vor und nutzen gezielt emotionale Schwachstellen. Das sind die wichtigsten Fragen und Antworten.
Andreas Akermann
Funktion Spezialist für Bankservices
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29. September 2025
Liebe macht blind – ein Sprichwort, das in der digitalen Welt eine neue Brisanz erhält. Denn wo Gefühle das Urteilsvermögen trüben, haben Betrüger leichtes Spiel. Sie nutzen dabei die Möglichkeiten von Internet und künstlicher Intelligenz zu ihrem Vorteil. Kurz: Was einst als klassischer Heiratsschwindel bekannt war, tritt heute in digitaler Form auf – als sogenannter Romance Scam oder Love Scam (Liebesbetrug).
Jedes Jahr fallen sehr viele Schweizerinnen und Schweizer auf die Liebesbetrüger herein. Viele denken, dass nur leichtgläubige oder ältere Personen betroffen seien. Doch das ist ein Trugschluss. Praktisch jeder ist ein potenzielles Opfer. Daher ist es wichtig, die typischen Muster solcher Betrugsversuche zu kennen – und sich bewusst zu machen, wie raffiniert die Täter vorgehen.
Wie viele Fälle gibt es in der Schweiz?
Genaue Zahlen für die Schweiz gibt es nicht. Zwar gibt es jährlich rund 650 Anzeigen von Liebesbetrug. Die Dunkelziffer dürfte laut Experten aber 20-mal so hoch sein. Viele Opfer gehen aus Scham nicht zur Polizei. Das zeigt: Liebesbetrug ist weit verbreitet.
Wie hoch ist der finanzielle Schaden?
Es geht um viel Geld. Den Betroffenen droht im schlimmsten Fall der finanzielle Ruin, da sie der vermeintlichen Liebe teilweise ihr ganzes Vermögen überweisen. Wie hoch die Deliktsumme in der Schweiz ist, weiss man nicht. Einen Anhaltspunkt geben Zahlen aus dem Kanton Aargau: Im vergangenen Jahr wurden 59 Fälle angezeigt – die Opfer hatten insgesamt 3 Millionen Franken überwiesen.
Das amerikanische Institute of Peace schätzt in einer Studie, dass die oft professionell organisierten Betrüger weltweit knapp 44 Milliarden Dollar ergaunern – jedes Jahr. Sie arbeiten beispielsweise in Südostasien in fachmännisch aufgebauten Betrugsfabriken mit Grossraumbüros, IT-Abteilungen und Personalressorts. Die Strukturen sind Mafia-ähnlich.
Wie beginnt der Betrug?
Der Betrüger oder die Betrügerin kontaktiert ihre Opfer beispielsweise in den sozialen Medien wie Facebook und Instagram oder auf Singlebörsen. Danach locken sie die Betroffenen schnell auf andere Plattformen wie Whatsapp oder Face-Time. Dort lullen sie ihre Opfer so lange mit Liebesbekundungen und Komplimenten ein, bis sich die Zielperson tatsächlich verliebt.
Die Getäuschten verlieben sich dabei in eine Illusion. Denn die Täter arbeiten mit gefälschten Profilen und gestohlenen Fotos – oft von attraktiven Fremden. Sie schlüpfen in Rollen, die Bewunderung oder Mitgefühl auslösen: die Ärztin oder der Soldat im Ausland, die Witwe oder der einsame Geschäftsmann auf Reisen. Sie spiegeln die Interessen ihrer Opfer, zeigen Mitgefühl und bauen eine scheinbare Seelenverwandtschaft auf.
Zum Treffen im realen Leben kommt es aus unterschiedlichen Gründen aber nicht – weil etwa der Flug ausfällt, ein Notfall eintritt oder ein Konto gesperrt ist. So bleibt die Beziehung rein virtuell und die Täuschung perfekt.
Wie entsteht der finanzielle Schaden?
Die Betrüger ziehen ihre Opfer immer tiefer in die Liebesfalle hinein, bis der Moment kommt, in dem Geld ins Spiel gebracht wird. Typisch sind zwei Strategien:
- Die Notlage: Die angebliche Partnerin oder der angebliche Partner schildert eine plötzliche Krise – etwa einen Unfall, eine gesperrte Kreditkarte oder Probleme bei der Auslandreise. Kurz: Sie benötigen sofort finanzielle Hilfe.
- Die Investmentfalle: Die Betrüger locken mit angeblich hochprofitablen Geldanlagen – meist Kryptoanlagen. Wer nicht am schnellen Geld interessiert ist, wird mit dem Traum einer gemeinsamen Zukunft ohne finanzielle Sorgen umgarnt.
Zahlen die Betroffenen nicht sofort oder sind misstrauisch, setzen die Täter gezielt auf Schuldgefühle, Liebesentzug oder sogar Drohungen – bis das Geld fliesst. Unabhängig von der Methode gilt: Das Geld ist in der Regel unwiederbringlich verloren.
Die Täter ziehen alle Register: Sind sie auch noch in Besitz von intimen Bildern der Opfer, nutzen sie diese für Erpressung. Oder es melden sich angebliche Behörden und Helfer aus dem Ausland, die das gestohlene Geld gegen eine «Gebühr» retten können. Das perfide Spiel dauert oft so lange, bis die Betroffenen den Kontakt endgültig abbrechen.
Wieso funktioniert Liebesbetrug?
Viele Menschen wünschen sich Nähe, Liebe, Verständnis und sie sind einsam. Besonders betroffen sind Menschen in emotional anspruchsvollen Situationen – also beispielsweise nach einer Trennung, einem Todesfall oder nach der Pensionierung. Sie wollen unbedingt an das Glück glauben. Die Täter sind Meister darin, Vertrauen aufzubauen und Gefühle zu manipulieren.
Was kann man tun, um nicht auf Liebesbetrug hereinzufallen?
Die Schweizerische Kriminalprävention (SKP) hat eine Kampagne gestartet und listet verschiedene Punkte auf. Wichtige Tipps sind:
- Nehmen Sie in den sozialen Medien keine Kontaktanfragen an von Menschen, die Sie nicht aus dem realen Leben kennen.
- Fragen Sie sich, wie realistisch es ist, dass ein Mensch aus einem fernen Land ohne Bezug zu Ihrem Leben plötzlich eine Fernbeziehung mit Ihnen eingehen möchte.
- Brechen Sie den Kontakt sofort ab, wenn Geld von Ihnen gefordert wird.
- Seien Sie misstrauisch, wenn jemand noch vor dem ersten physischen Treffen von der grossen Liebe spricht.
- Verschicken Sie niemals heikle oder intime Bilder von sich.
- Vergessen Sie nicht, dass im Internet alles gefälscht sein kann – von amtlichen Dokumenten über Filme und Fotos bis zu kompletten Profilen.
Vorsicht Folgebetrug: Was kann man tun, wenn man bereits Opfer ist?
- Schicken Sie kein Geld mehr und brechen Sie den Kontakt sofort ab. Blockieren Sie den Betrüger auf allen Kanälen, damit er Sie nicht nochmals einwickeln kann. Reagieren Sie nicht auf weitere Kontaktversuche.
- Gehen Sie zur Polizei und erstatten Sie Anzeige. Ihre Anzeige hilft, andere mögliche Opfer vor den Tätern zu schützen. Es gibt keinen Grund, weshalb Sie sich schämen müssen.
- Vorsicht: Sobald Sie nicht mehr zahlen, werden Sie möglicherweise erneut kontaktiert – diesmal von angeblichen ausländischen Behörden, Ämtern, Anwälten, Detekteien oder Firmen. Sie versprechen Ihnen, dass sie gegen eine «Gebühr» das gestohlene Geld zurückholen können. Gehen Sie nicht darauf ein. Es handelt sich um einen Folgebetrug. Blockieren Sie auch diese Kontakte.
Mehr Tipps finden Sie auf der Website der Schweizerischen Kriminalprävention.
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