Wie hoch steigen die Leitzinsen?
Nach den Zinserhöhungen der letzten Monate fragen sich viele Anleger und Hausbesitzer, wie sich die Entwicklung in den nächsten Monaten fortsetzt. VZ-Chefökonom Christoph Sax analysiert die Zinserwartungen für die Schweiz, Europa und die USA.

Christoph Sax
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Die grossen Notenbanken fahren mit den Zinserhöhungen fort. Im Mai haben sowohl die US-Notenbank Fed wie auch die Europäische Zentralbank (EZB) den Leitzins um 0,25 Prozentpunkte angehoben.
Der Grund für die erneuten Zinsschritte liegt darin, dass die Notenbanken die Teuerung als hartnäckiger wie erwartet betrachten.
Hier ein Überblick, was Anleger von den Notenbanken bis Ende 2023 und darüber hinaus erwarten können:
Schweizerische Nationalbank
Die Schweizerische Nationalbank wird voraussichtlich im Juni 2023 eine weitere Leitzinserhöhung vornehmen. Die Marktteilnehmer gehen davon aus, dass die Erhöhung 0,25 Prozentpunkte betragen und der Leitzins auf 1,75 Prozent steigen wird. Die Erwartungen gehen davon aus, dass der Höhepunkt der Leitzinsen in der Schweiz im Dezember 2023 bei rund 2 Prozent erreicht wird.
Je nach Entwicklung der Teuerung ist es gut möglich, dass der finale Höhepunkt auch noch leicht höher ausfallen wird. Ob die Inflation in der Schweiz Anfang 2024 wieder unter 2 Prozent fällt, hängt unter anderem vom Aussenwert des Frankens und vom Strompreis ab.
US-Notenbank (Fed)
In den Vereinigten Staaten sind jüngst die Zinsen ebenfalls um weitere 0,25 Prozentpunkte angehoben worden. Das Zielband der Leitzinsen beträgt nun 5,0 bis 5,25 Prozent. Das Ende des Zyklus scheint damit erreicht. Die Marktteilnehmer sind sich uneins, ob allenfalls noch ein weiterer Zinsschritt folgen wird. Der Leitzins dürfte bis Ende Jahr knapp über 5 Prozent verharren und in der ersten Jahreshälfte 2024 schrittweise gesenkt werden. Entscheidend dafür dürfte sein, wie sich die Wirtschaft einerseits und die Inflation andererseits entwickelt. Denn das Fed weist der Bekämpfung der hartnäckig hohen Teuerung die höchste Priorität zu und nimmt höhere Kosten in Kauf, um diese zu bekämpfen.
Europäische Zentralbank (EZB)
Auch die Europäische Zentralbank hat das Zinserhöhungstempo reduziert. Im Mai erhöhten die europäischen Währungshüter die Zinsen um 0,25 Prozentpunkte. Aktuell liegt der Leitzins (Hauptrefinanzierungssatz) bei 3,75 Prozent und der für Sparer relevante Einlagesatz bei 3,25 Prozent. Die Markterwartungen für den Einlagesatz der EZB liegen im Herbst 2023 bei fast 3,7 Prozent. Das entspricht einer Anhebung um weitere 0,45 Prozentpunkte. Zu Beginn des nächsten Jahres dürften auch in Europa die Zinsen wieder schrittweise zurückgehen.
Unter dem Strich lässt sich sagen, dass die Finanzmärkte zwischenzeitlich in Bezug auf die Zinsentwicklung zu zuversichtlich waren. Allerdings haben die grossen Zinsschritte der vergangenen Monate ihre Wirkung noch nicht entfaltet. Der sich abzeichnende wirtschaftliche Abschwung wird aber voraussichtlich nicht allzu stark ausfallen.