Geldanlagen
Geld anlegen: Je langweiliger, desto besser
Sandro Ambühl ist Professor für Verhaltensökonomie an der Universität Zürich. Im Gespräch erklärt er, wie die Forschung Anlegerinnen und Anlegern helfen kann, gute finanzielle Entscheidungen zu treffen.
Herr Ambühl, Sie erforschen seit Jahren, warum Anlegerinnen und Anleger immer wieder die gleichen Fehler machen. Was zeigen Ihre Untersuchungen?
Aus der Forschung wissen wir, dass viele Sparer und Anleger unterschätzen, was der Zinseszins über die Jahre bewirken kann. Darum zögern sie, ihr Geld anzulegen. Der Begriff mag trocken klingen, doch der Zinseszins zählt zu den wirkungsvollsten Effekten, um Vermögen aufzubauen. Wer ihn nicht nutzt, spart weniger für sein Alter.
Machen Sie ein Beispiel.
Nehmen wir die rund 7 Prozent Rendite, die im historischen Durchschnitt inflationsbereinigt an Aktienmärkten zu erwarten ist: Ein 35-Jähriger, der 100'000 Franken anlegt, hat bei seiner Pensionierung dank Zinseszinsen mehr als 760'000 Franken – und nicht 310'000 Franken, wie viele fälschlicherweise annehmen, weil sie linear rechnen statt exponentiell. Dank diesem Effekt vermehrt sich das Vermögen viel schneller als gedacht, sofern man beim Anlegen keine Fehler macht.
Und wie vermeidet man Fehler?
Studien zeigen, dass Anleger, die wenig handeln, höhere Gewinne erzielen – unabhängig von ihrem Risikoprofil. Viele lassen sich aber vom Auf und Ab an den Börsen mitreissen und gehen durch emotionale Käufe und Verkäufe unnötige Risiken ein. Und nicht selten fressen Kosten und Gebühren einen grossen Teil der Rendite auf.
Sind Anlageprodukte generell zu teuer?
Den wenigsten ist bewusst, wie verheerend sich hohe Gebühren langfristig auswirken. Die Kosten von Fonds liegen zwischen 0,1 und 2,5 Prozent. Viele denken, das sei nicht viel. Aber das trügt: 2 Prozent von 100 sind zwar wenig – entscheidend ist aber der Vergleich mit der Rendite, die man erwarten kann. Zur Veranschaulichung: Wer etwa mit einer Rendite von 4 Prozent rechnet, verliert Jahr für Jahr die Hälfte seines Gewinns, wenn er 2 Prozent Gebühren bezahlen muss.
Kann man mit teureren Anlagen bessere Renditen erzielen?
Nein, teure Fonds schneiden zum Beispiel nicht besser ab als günstige. Viele Anleger entscheiden sich für aktiv gemanagte Fonds, obwohl kaum ein Fondsmanagement mehr Rendite erzielt als der Markt. Meistens sind hohe Gebühren also nicht gerechtfertigt.
Was können Anleger von der Wissenschaft lernen?
Die Forschung ist sich einig: Anleger erzielen die besten Ergebnisse, wenn sie in breit diversifizierte Indexfonds investieren – etwa in passive ETF. Sie sind kostengünstig, ermöglichen eine weltweite Risikostreuung und liefern zuverlässig die Marktrendite.
Ist das nicht zu langweilig?
(lacht) Je langweiliger, desto besser für die Rendite. Aber man muss genau hinschauen. Inzwischen gibt es viele ETF, die nicht für alle Anleger geeignet sind – zum Beispiel Leveraged ETF. Und wem ein langfristiges Wertschriftendepot zu langweilig ist, kann mit einem Zweitdepot experimentieren, ohne dadurch seine Haushaltsfinanzen aus dem Lot zu bringen.
Zur PersonSandro Ambühl forscht am Institut für Volkswirtschaftslehre der Universität Zürich auf dem Gebiet der Verhaltensökonomie der Finanzmärkte. Die Ergebnisse seiner Forschung werden in der internationalen Presse regelmässig erwähnt. Professor Ambühl lebt mit seiner fünfköpfigen Familie in Zürich. |
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