Immobilien

Eigenmietwert: Wird er bald abgeschafft?

Der Eigenmietwert ist seit jeher umstritten. Eine Abschaffung des Eigenmietwerts wurde schon vom Bundesrat, vom Parlament oder in Volksinitiativen verlangt. Doch kein Vorschlag war bislang mehrheitsfähig.

Markus Stoll
Steuerspezialist
Aktualisiert am
28. Juli 2023

1. Was ist der Eigenmietwert?

Die Nutzung der eigenen Wohnung oder des eigenen Hauses stellt laut Schweizer Steuergesetzen ein Naturaleinkommen dar, das in Form des Eigenmietwerts zu versteuern ist. Der Eigenmietwert richtet sich in den meisten Kan­tonen nach der sogenannten Marktmiete. Das ist der Mietzins, den man erzielen könnte, wenn man sein Eigenheim vermieten würde. Laut Bundesgericht muss der Eigenmietwert mindestens 60 Prozent der Marktmiete betragen. Darüber hinaus sind die Kan­tone aber frei, den Eigenmietwert nach eigenen Regeln zu berechnen.

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Eigenheim energetisch sanieren: Das müssen Sie abklären

Wer energetisch sanieren will, sollte zuerst einige wichtige Punkte abklären.

Die Berechnung des Eigenmietwerts ist oft recht kompli­ziert und nicht ohne Weiteres nachvollziehbar. Für die direkte Bundessteuer wird der kantonale Eigenmiet­wert unverändert übernommen, sofern er aus Sicht des Bundes angemessen ist. Sonst erfolgt ein prozentualer Zuschlag zum kantonalen Eigenmietwert.

Vom Eigenmietwert abziehen darf man in der Steuererklärung die Hypothekarzinsen und die Unterhaltskosten. Der Abzug von Schuldzinsen ist begrenzt: Er darf höchstens 50'000 Franken höher sein als die Bruttovermögenserträge eines Steuerpflichtigen. Im üblichen Preissegment erreichen selbst hoch verschuldete Hausbesitzer diese Grenze kaum, weil auch der Eigenmietwert zu den Bruttovermögenserträgen zählt.

Bei den Unterhaltskosten darf man in allen Kantonen jedes Jahr wählen, ob man die effektiven Kosten oder einen Pauschalabzug geltend machen möchte. In den meisten Kantonen beträgt der Pauschalabzug 10 Prozent des Eigenmietwerts für Liegenschaften, die weniger als 10 Jahre alt sind, für ältere Liegenschaften 20 Prozent. Als Unterhaltskosten gelten alle werterhaltenden Investitionen in die Liegenschaft sowie die Kosten für energiesparende Massnahmen.

2. Lässt sich der Eigenmietwert reduzieren?

Der Eigenmietwert erhöht das steuerbare Einkommen um den Betrag, den man einnehmen könnte, wenn man sein Eigenheim vermieten würde. Darum ist er vielen Wohneigentümern ein Dorn im Auge. Die Chancen, dieses «fiktive» Einkommen herabzusetzen, sind eher klein. Das kann bei einer Unternutzung gelingen, also wenn einzelne Zimmer nicht mehr genutzt werden, weil die Kinder ausgezogen sind oder der Partner gestorben ist. Wenige Kantone lassen Abzüge für Härtefälle zu, etwa für Personen mit sehr tiefem Einkommen und Vermögen.
 

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Tipps zum Steuern sparen

Dieses Merkblatt zeigt die wichtigsten Optimierungsmöglichkeiten auf.

In der Regel akzeptieren die Behörden viele Argumente nicht. Meistens braucht es einen gravierenden Fall – etwa, wenn die Eckdaten der Immobilie falsch erfasst wurden oder der Verkehrswert wegen Flug-, Bahn- oder Strassenlärm stark geschmälert ist. 

Einen Einwand müssen Sie gut begründen und in der Regel mit einem Gutachten bekräftigen. Klären Sie genau ab, welche Art von Gutachten von welchen Sachverständigen die Steuerbehörde akzeptiert. Möglicherweise hilft das, eine Einigung zu finden. Wenn Ihnen das nicht gelingt und Sie die Auseinandersetzung weiterverfolgen wollen, müssen Sie wahrscheinlich vor Gericht gehen. Das ist auf jeden Fall mit Kosten verbunden, und der Ausgang ist offen.

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3. Wird der Eigenmietwert abgeschafft?

Im August 2018 hat das Parlament einen neuen Anlauf genommen, den Eigenmietwert abzuschaffen. Auf folgende Punkte konnten sich National- und Ständerat bisher einigen:

  • Für selbstbewohnte Liegenschaften am Hauptwohnsitz gibt es künftig keinen Eigenmietwert mehr.
  • Kosten für Unterhalt, Versicherung und Verwaltung können weder auf Bundes- noch auf Kantonsebene abgezogen werden.
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Saron-Hypothek oder Festhypothek?

Das Merkblatt zeigt auf, welche Vor- und Nachteile die beiden Modelle haben und wie viel Geld Sie sparen können, wenn Sie sich für die richtige Hypothek entscheiden.

  • Beim Bund können auch die Abzüge für Energiesparmassnahmen und Rückbaukosten nicht mehr geltend gemacht werden. Die Kantone können diese Abzüge weiterhin zulassen (Rückbaukosten zeitlich unbegrenzt, Energiesparmassnahmen zeitlich begrenzt nach dem CO2-Gesetz vom 25. September 2020).
  • Kosten der Denkmalpflege können beim Bund und bei den Kantonen weiterhin abgezogen werden.
  • Für Ersterwerber von Liegenschaften wird während 10 Jahren ein Schuldzinsenabzug zugelassen. Für Ehegatten bis Fr. 10'000 jährlich, für übrige Steuerpflichtige bis Fr. 5'000 jährlich, wobei der Schuldzinsenabzug während den 10 Jahren jährlich sinkt.

Folgende Punkte sind zwischen National- und Ständerat noch strittig:

  • Der Nationalrat möchte auch auf Ferienwohnungen den Eigenmietwert abschaffen, während der Ständerat diesen beibehalten möchte. Der Ständerat befürchtet, dass der Druck aus den Kantonen mit vielen Ferienwohnungen gross ist und die Vorlage dadurch bei einer Volksabstimmung abgelehnt werden könnte. Der Nationalrat plant daher die Möglichkeit, dass auf Ferienwohnungen neu eine Liegenschaftssteuer erhoben werden kann.
  • Der Nationalrat ist der Ansicht, dass Schuldzinsen maximal im Umfang von 40 Prozent der steuerbaren Vermögenserträge abgezogen werden können. Der Ständerat möchte die Quote bei 70 Prozent festsetzen.

Der Ständerat wird das Geschäft voraussichtlich in der Herbstsession 2023 erneut beraten. Selbst wenn sich das Parlament auf eine Reformvariante einigen kann, bleibt unklar, ob und wann der Eigenmietwert abgeschafft wird. Ein Referendum gegen die Vorlage wäre gut möglich. Eine Volksabstimmung würde wie schon mehrmals in der Vergangenheit eine erhebliche Hürde für einen Systemwechsel in der Besteuerung von Wohneigentum darstellen. 

4. Wer wären die Gewinner bei einer Abschaffung des Eigenmietwerts?

Sind Schuldzinsen und Unterhaltskosten zusammengerechnet höher als der Eigenmietwert, ergibt sich daraus für Eigenheimbesitzer mit den aktuellen Besteuerungsregeln eine Steuerersparnis. Im umgekehrten Fall zahlen sie mehr Steuern, als wenn sie kein Eigenheim hätten. Das kann der Fall sein, wenn das Zinsniveau eher tief ist. Der Steuerpflichtige in der Grafik unten zahlt bei einem Hypothekarzins von 2,5 Prozent als Hausbesitzer jedes Jahr 1120 Franken mehr Steuern. Beträgt die Hypothek statt 800'000 Franken nur 200’000 Franken, zahlt der Hausbesitzer in unserem Beispiel jedes Jahr sogar fast 5000 Franken mehr Steuern.

Einfluss des Eigenmietwerts auf die Einkommenssteuer

Beispiel: Liegenschaft mit Verkehrswert von 1 Mio. Fr., Hypothek über 800'000 Fr. zu 2% Zins, Grenzsteuersatz 35%

Noch ist nicht klar, ob mit der Abschaffung des Eigenmietwerts auch die Abzugsmöglichkeiten (Hypozinsen, Unterhaltskosten) wegfielen. Profitieren würden von einem Systemwechsel aber auf jeden Fall Eigenheimbesitzerinnen und Eigenheimbesitzer, die ihre Hypothek weitgehend oder ganz amortisiert haben und keine grösseren Investitionen in den Unterhalt ihres Eigenheimes tätigen. Sie sind durch das aktuelle Steuersystem stark benachteiligt, weil sie kaum etwas vom Eigenmietwert abziehen können.