VZ-Analyse

Warum Ferrari die bessere Marke hat als Mercedes

Mercedes ist ein Riese mit über 160’000 Mitarbeitern und jährlich 2,5 Millionen verkauften Fahrzeugen. Dagegen ist Ferrari ein Winzling – dominiert allerdings dort, wo es wirklich zählt.

14. Febr. 2025

Patrick Herger, VZ VermögensZentrum

Die Zahlen könnten kaum unterschiedlicher sein: Mercedes-Benz, ein globaler Automobilkonzern mit über 160’000 Mitarbeitern, verkauft jährlich rund 2,5 Millionen Fahrzeuge (inklusive Transporter) und erwirtschaftet dabei einen operativen Umsatz von mehr als 121 Milliarden Euro. Ferrari, ein vergleichsweise kleiner Sportwagenhersteller mit rund 5’000 Angestellten, setzt jährlich weniger als 14’000 Fahrzeuge ab und erzielt einen operativen Umsatz von knapp 7 Milliarden Euro.

Und dennoch: Ferrari überflügelt Mercedes beim Börsenwert. Während der italienische Sportwagenhersteller eine beeindruckende Marktkapitalisierung von 83 Milliarden Euro erreicht, bringt es der Stuttgarter Konzern lediglich auf 55 Milliarden Euro. Wie ist das möglich?

Ein mitverantwortlicher Faktor liegt in der unterschiedlichen Markenstärke der beiden Unternehmen. Diese manifestiert sich in einer zentralen Kennzahl, der Gesamtkapitalrendite. Sie misst, wie effizient ein Unternehmen seine Vermögenswerte in Gewinne umwandelt. In den letzten fünf Jahren erzielte Mercedes eine durchschnittliche Gesamtkapitalrendite von 4 Prozent pro Jahr, was in etwa dem Branchendurchschnitt entspricht. Ferrari hingegen glänzt mit einem Wert von rund 13,5 Prozent.

Die Bedeutung der Markenstärke

Mercedes gelingt es also nicht, die weltbekannte Marke mit dem Stern so zu nutzen, dass überdurchschnittliche Renditen erzielt werden. In der Fachsprache spricht man davon, dass ein Unternehmen keinen ökonomischen Gewinn erwirtschaftet und die Marke somit keinen ökonomischen Wert hat. Das bedeutet nicht, dass die Marke Mercedes wertlos ist, sondern lediglich, dass sie keine überdurchschnittlichen Gewinne generiert. Ferrari hingegen erwirtschaftet Renditen, die den Branchendurchschnitt deutlich übertreffen, diese Marke hat also einen ökonomischen Wert.

Doch woher kommt dieser Unterschied in der Markenstärke? Um das zu verstehen, ist ein genauerer Blick auf die beiden Unternehmen und die spezifischen Wettbewerbsbedingungen im Luxussegment erforderlich.

Wettbewerb im Luxussegment: Marke vor Preis

Im Luxussegment konkurrieren Unternehmen weniger über den Preis als vielmehr über die Marke und das Marketing. Als beispielsweise Toyota vor fast vier Jahrzehnten begann, unter dem Namen Lexus Luxusautos zu verkaufen, blieben die Preise von Mercedes-Modellen unverändert. Dennoch wechselten einige Mercedes-Kunden zu Lexus, und Mercedes musste sich fortan auch gegen diesen neuen Konkurrenten behaupten.

In solchen Situationen besteht die Gefahr, dass etablierte Unternehmen wie Mercedes weniger Fahrzeuge verkaufen als ohne die neue Konkurrenz. Dies führt zu einer Verteilung der Fixkosten auf eine geringere Anzahl von Autos, wodurch die prozentualen Kosten steigen. Zudem müssen die Unternehmen mehr Geld für Marketing ausgeben, um ihre Position im Wettbewerb zu verteidigen.

Ferraris Erfolgsgeheimnis: Homogenität und Exklusivität

Könnte Mercedes diese Entwicklung verhindern? Im Prinzip ja, wenn die eigene Marke so stark ist, dass kaum ein Kunde zur Konkurrenz abwandert. Ist dies jedoch nicht der Fall, werden neu eintretende Wettbewerber nach und nach Marktanteile erobern und die Renditen auf das Branchenniveau drücken.

Ferrari kann seine überdurchschnittlichen Renditen unter anderem dank folgender Faktoren behaupten: Das Angebot von Ferrari ist deutlich homogener als das von Mercedes, was die Marke stärkt und die Verteidigung gegen Konkurrenten erleichtert. Zudem setzt Ferrari auf ein kleines, exklusives und hochpreisiges Angebot. Im Luxussegment ist Exklusivität ein entscheidender Faktor. Der Einstieg in die Marke muss eine hohe Hürde darstellen. Während der günstigste Mercedes in der Schweiz für rund 40’000 Franken erhältlich ist, kostet der günstigste Ferrari mindestens achtmal so viel.

Die Marke als Eintrittspreis

Zusammenfassend lässt sich sagen: Eine Marke hat nur dann einen ökonomischen Wert, wenn sie mit überdurchschnittlichen Kapitalrenditen einhergeht. Die meisten Marken generieren jedoch keine solchen Mehrrenditen, selbst wenn sie so bekannt sind wie Mercedes. In solchen Fällen ist die Marke lediglich der Eintrittspreis, den ein Unternehmen zahlen muss, um in einer bestimmten Branche mit Produktdifferenzierung mitzuwirken.

Ein Wort zum Börsenwert

Zum Schluss noch ein Wort zum Börsenwert der beiden Unternehmen. Ferrari weist ein Kurs-Gewinn-Verhältnis von 55 auf, während Mercedes ein KGV von 5,5 hat. Die Investoren sind also äusserst optimistisch, was Ferrari betrifft, und äusserst pessimistisch, was Mercedes betrifft. Dies hat jedoch Gründe, die über eine Markenbetrachtung hinausgehen. Generell gilt: Anleger sollten Vorsicht walten lassen, wenn Unternehmen derart aussergewöhnliche KGVs aufweisen.

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