VZ-Analyse
Christoph Sax, CIO des VZ VermögensZentrums, ordnet die jüngsten Ereignisse und den Kursrutsch an den Börsen ein und sagt, was für Anlegerinnen und Anleger jetzt besonders wichtig ist.
Was bedeutet der US-Zollschock für die Weltwirtschaft?
- Zölle sind wachstumshemmend, sie verringern die Planbarkeit und die Investitionstätigkeit. - Eine globale Krise lösen die Zölle jedoch nicht aus: Die Anlegerinnen und Anleger erleben zurzeit weder das Platzen einer Blase noch eine globale Schuldenkrise. Es handelt sich einzig um einen Handelsdisput.
- Die konjunkturellen Folgen werden in den USA am grössten sein. Die Teuerung wird erneut aufflammen (sie steigt vermutlich über 4%). Nicht nur Importgüter, sondern auch inländische Güter werden sich verteuern. Zum einen, weil inländische Anbieter ebenfalls Vorleistungen aus dem Ausland beziehen. Zum anderen aber auch, weil viele US-Unternehmen die Gelegenheit nutzen werden, um ihre Margen über Preiserhöhungen auszudehnen. Die verfügbaren Einkommen der Haushalte werden in der Folge deutlich sinken. Das wird den Konsum hemmen und die US-Wirtschaft stark bremsen. Den USA droht somit eine Stagflation, womöglich sogar eine Rezession.
- Die übrigen Länder/Wirtschaftsräume dürften diese bremsende Wirkung ebenfalls spüren. Sie werden deswegen aber kaum in eine Rezession abrutschen. Das gilt auch für die Schweiz: Lediglich 19% der Ausfuhren gehen in die USA – und rund die Hälfte ist von den Zöllen ausgeschlossen (pharmazeutische Produkte). Die Schweizer Exportindustrie wird zudem von den geplanten Infrastrukturinvestitionen in der EU profitieren.
- Das Wachstum der Weltwirtschaft bleibt somit positiv. Es wird jedoch etwas tiefer ausfallen als bislang erwartet.
- Es gibt Verhandlungsspielraum: Wenn sensible Bereiche der US-Wirtschaft stark in Mitleidenschaft gezogen werden, hat sich die US-Administration bislang gesprächsbereit gezeigt.
Marktreaktionen
- Die Aktien sind heute unter Druck geraten, Obligationen haben dagegen zugelegt:
o SMI: -2,5%
o Euro Stoxx -3,6%;
o S&P 500 -4,8%
o Staatsanleihen Schweiz 10 Jahre: Rendite -8 Basispunkte (Kursgewinn von 0,7%)
o US-Staatsanleihen 10 Jahre: Rendite seit gestern -20 Basispunkte (Kursgewinn von 1,6%)
Was heisst das für die Börsen?
- Es ist nicht der Ausbruch einer globalen Wirtschaftskrise. Anlegerinnen und Anleger müssen sich einzig auf ein etwas schwächeres Wachstum der Weltwirtschaft einstellen. Dieses Szenario wurde an den Börsen bereits weitgehend eingepreist. ¨
- Viele Unternehmen, die in den USA stark präsent sind, dürften vom Zollschutz sogar profitieren: Sie werden ihre Margen besser schützen.
- Donald Trump hat ein Interesse an einer guten Börsenentwicklung. Er liess sich während seiner ersten Amtszeit gerne an der Performance des Aktienmarkts messen. Sollten die Zölle die Wirtschaft und die Börsen zu sehr in Mitleidenschaft ziehen, kann Trump gewisse Zölle wieder rückgängig machen.
- Eine breite Diversifikation hat sich in diesem Umfeld bezahlt gemacht. Das Zeigt der Blick auf die Performance seit Jahresbeginn in CHF:
o SMI: +5,6%
o MSCI World: -3,2% (Kurs per 2. April)
o Obligationen Schweiz: -1,3% (Kurs per 2. April)
o Obligationen Ausland hedged: +0,4% (Kurs per 2. April) - Es gilt deshalb auch diesmal: Anlegerinnen und Anleger können solche Marktbewegungen nicht antizipieren und entsprechend timen. Wer langfristig investiert bleibt und breit diversifiziert, fährt am besten.
- Es gibt für die Weltwirtschaft weiterhin viele positive Treiber – unter anderem der beschleunigte technologische Fortschritt dank KI und die weitreichenden Investitionen in Europa in Verteidigung und Infrastruktur. Die Abschottung der USA dürfte zudem andere Wirtschaftsblöcke näher zusammenrücken lassen.