KI-Aktien: Jetzt kommen die Bewertungen unter Druck

Am Dienstag gaben die Aktienmärkte in den USA, Europa und Asien deutlich nach. Auslöser waren wachsende Zweifel an den hohen Bewertungen von KI-Unternehmen. Beim Global Financial Leaders Investment Summit in Hongkong warnten die CEO von Goldman Sachs und Morgan Stanley vor einem möglichen Ausverkauf. Gewinnmitnahmen setzten insbesondere Technologietitel unter Druck: Der Nasdaq 100 verlor rund 2 Prozent, und alle Mitglieder der «Magnificent Seven» – Nvidia, Amazon, Apple, Microsoft, Tesla, Alphabet und Meta – schlossen im Minus. Auch Palantir, trotz starker Quartalszahlen, verlor über 6 Prozent. Die Verkaufswelle setzt sich auch am Mittwoch fort. Die Sorge der Investoren: Massive Investitionsausgaben der KI-Firmen stehen bislang nur vagen Umsatzprognosen gegenüber.

Messgrössen der Bewertung und Angstindikatoren

Ein zentraler Indikator zur Bewertung des Aktienmarktes ist der sogenannte Buffett Indikator. Er vergleicht die gesamte Marktkapitalisierung aller börsennotierten Unternehmen eines Landes mit dessen jährlicher Wirtschaftsleistung. Die Grundidee: Wenn die Börsenwerte deutlich über dem liegen, was die reale Wirtschaft erwirtschaftet, könnte der Markt überbewertet sein. Aktuell liegt dieser Wert für die USA bei 223 Prozent – ein historischer Höchststand. Das bedeutet, dass die börsennotierten Unternehmen zusammen mehr als doppelt so viel wert sind wie das gesamte jährliche BIP der Vereinigten Staaten.

Auch andere Kennzahlen deuten auf eine mögliche Überhitzung hin. So sind die Kurs-Gewinn-Verhältnisse vieler KI-Unternehmen besonders hoch, und ein grosser Teil der Marktkapitalisierung konzentriert sich auf wenige Tech-Giganten. Diese starke Konzentration erhöht die Anfälligkeit des Marktes gegenüber Rückschlägen.

Der VIX-Index liegt bei 18,5 Punkten und signalisiert damit eine moderate Volatilität. Werte unter 20 gelten typischerweise als Zeichen ruhiger Marktstimmung. Zwar gab es am 16. Oktober einen deutlichen Ausschlag bis auf über 25 Punkte, was auf eine Phase erhöhter Unsicherheit hindeutete, doch im historischen Vergleich bewegt sich der aktuelle Wert weiterhin auf einem niedrigen Niveau. Trotz kurzfristiger Nervosität bleibt die Volatilität damit insgesamt gedämpft.

KI-Firmen mit soliden Gewinnen

Trotz dieser Warnsignale zeigt sich bei vielen KI-Firmen eine solide Gewinnentwicklung. Betrachtet man das Kurs-Gewinn-Wachstums-Verhältnis (PEG-Ratio) erscheint die Bewertung der «Magnificent Seven» moderater. So fallen nur Apple und Microsoft höher bewertet aus, wobei Investoren das 2-fache respektive das 2,5-fache zum erwarteten Wachstum zahlen müssen. Auch die Gewinne pro Aktie (EPS) konnten die Unternehmen kontinuierlich steigern – ein Zeichen für operative Stärke und Effizienz. Dies deutet darauf hin, dass steigende Gewinne die hohen Bewertungen zumindest teilweise rechtfertigen.

Ein Sonderfall unter den KI-nahen Unternehmen ist Tesla. Das Unternehmen fällt durch eine sehr hohe Bewertung auf, die sich nur teilweise durch die aktuellen Geschäftszahlen rechtfertigen lässt. Die Erwartungen an Teslas zukünftiges Wachstum sind enorm. Das Unternehmen wird nicht nur als Automobilhersteller, sondern zunehmend als Technologie- und KI-Plattform gesehen. Projekte wie autonomes Fahren, Robotaxis und Energiespeicherlösungen sorgen für eine starke Zukunftsphantasie, die sich bereits heute im Aktienkurs widerspiegelt.

Dennoch bleibt klar: Visionen müssen sich in belastbare Geschäftsmodelle übersetzen lassen. KI-Unternehmen müssen ihre Visionen in wirtschaftlich tragfähige Geschäftsmodelle überführen und das hohe Gewinnwachstum längerfristig halten. Gelingt dies nicht, drohen empfindliche Kurskorrekturen. Investoren achten zunehmend auf konkrete Umsatzpfade, Cashflow-Entwicklung und die Fähigkeit, Investitionsausgaben in profitable Anwendungen zu überführen.