VZ Analyse
Die Dominanz von Nestlé, Novartis und Roche im SMI und SPI ist in den letzten Jahren deutlich zurückgegangen. Was sind die Ursachen für diesen Rückgang – und welche Auswirkungen hat er auf Anleger?
22. Juli 2025
Beschreibung
Die drei Aktien Nestlé, Novartis und Roche gelten als sogenannte Index-Schwergewichte, weil sie wegen ihrer hohen Marktkapitalisierung einen grossen Anteil ausmachen. Was aber vielen Anlegern nicht bewusst ist: Das Gewicht dieser drei Titel in den Schweizer Indizes SMI und SPI hat sich in den letzten Jahren markant verändert. Im SMI sank ihr Anteil innerhalb von acht Jahren von 60,7 Prozent auf 45,1 Prozent, im SPI von 49,4 Prozent auf 35,2 Prozent (vgl. Grafik).
Ein Schlüsselfaktor war die Einführung eines Gewichtungs-Caps von 18 Prozent im SMI im Jahr 2017, umgesetzt in zwei Schritten im September und Dezember. Diese Massnahme des Schweizer Börsenbetreibers SIX zielte darauf ab, EU-Diversifikationsvorschriften zu erfüllen und den SMI für ETF und Indexfonds attraktiver zu machen. Besonders Nestlé, deren Anteil zuvor bei über 25 Prozent lag, wurde stark beschnitten. Die Folgen des Gewichtungs-Caps: eine bessere Diversifikation und eine reduzierte Abhängigkeit von den drei Schwergewichten.
Abspaltungen bei Novartis, Performance-Sorgen bei Nestlé und Roche
Neben regulatorischen Eingriffen trugen auch unternehmensinterne Entscheidungen zur Verschiebung der Indexgewichte bei. Novartis vollzog zwei bedeutende Spin-offs: 2019 wurde die Augensparte Alcon (rund 10 Prozent der damaligen Marktkapitalisierung) ausgegliedert, 2023 folgte mit Sandoz (Generika) ein noch grösserer Schritt – rund 20 Prozent des Unternehmenswerts wurden abgespalten. Bei Novartis waren diese Abspaltungen der Hauptgrund für die Verkleinerung des Unternehmens und den Rückgang seines Indexgewichts.
Bei Nestlé und Roche dagegen wirkte sich vor allem die schwache Börsenperformance negativ auf ihre Indexstellung aus. Nestlé kämpfte unter CEO Ulf Mark Schneider mit stagnierenden Absatzvolumen, verschärft durch hohe Inflation und interne IT-Probleme. Unrealistische Wachstumsziele und ausbleibende Fortschritte führten schliesslich zu einem Führungswechsel.
Roche, das während der Corona-Pandemie von seiner Diagnostiksparte profitierte, litt anschliessend unter einer schwachen Pipeline und enttäuschenden Ergebnissen in der Diagnostik. In einem „Risk-On“-Marktumfeld, das Technologie- und Wachstumsaktien bevorzugte, verloren defensive Sektoren wie Gesundheit und Basiskonsum ausserdem an Attraktivität.
Am 24. Juli werden die nächsten Quartalszahlen von Nestlé und Roche veröffentlicht. Gelingen ihnen operative Fortschritte oder setzt sich der Negativtrend fort? Für Anleger könnte dies ein Gradmesser dafür sein, ob ihre Indexbedeutung sich stabilisiert oder weiter schrumpft.
Was bedeutet das für Indexanleger?
Für Anleger, die breit gestreut in SMI- oder SPI-ETFs investieren, bringt die abklingende Index-Bedeutung der drei Grosskonzerne Chancen und Risiken. Einerseits steigt die Diversifikation: Neue Unternehmen gewinnen an Gewicht, was Abhängigkeiten von einzelnen Titeln reduziert. Andererseits verlieren Anleger auch die Stabilitätspfeiler, auf die sie sich lange verlassen konnten. Die SMI-Schwergewichte galten als verlässliche Dividendenzahler mit globaler Marktmacht – ihre geringere Index-Relevanz könnte die Volatilität erhöhen.
Zudem ändert sich die Charakteristik des Index. Wer heute in einen SMI-ETF investiert, profitiert weniger stark als früher von den defensiven Qualitäten der Schwergewichte Nestlé, Novartis und Roche. Stattdessen haben andere Indexmitglieder – darunter zahlreiche zyklische Titel – an Bedeutung gewonnen. Das kann insbesondere für kurz- und mittelfristig orientierte Anleger neue Renditechancen bieten, erfordert aber auch mehr Aufmerksamkeit für Konjunktur- und Branchentrends.