VZ-Analyse
Inmitten globaler Unsicherheiten suchen Investoren nach verlässlichen "sicheren Häfen". Gold gilt seit langem als eine Absicherung gegen Krisen – aber was ist mit Kryptowährungen wie Bitcoin?
Autor: Florian Estermann / VZ VermögensZentrum
Gold hat sich über Jahrhunderte hinweg als eine solche Anlage etabliert. Seit der Entstehung von Bitcoin wird die Kryptowährung oft als "digitales Gold" bezeichnet – insbesondere aufgrund ihrer programmierten Knappheit. Doch kann Bitcoin diese Rolle im Portfoliokontext tatsächlich übernehmen? Und wie verhielten sich die beiden Anlageklassen während den Marktturbulenzen der vergangenen Monate?
Mit dem Wahlsieg von Donald Trump im November 2024 und seiner Ankündigung einer Krypto-freundlichen Politik konnte Bitcoin kräftig zulegen. Betrachtet man hingegen den Kursverlauf seit dem Amtsantritt von Trump im Januar und den von ihm verursachten Unsicherheiten betreffend Zölle für die Weltwirtschaft, dann ist ein klares Auseinanderdriften der beiden Vermögenswerte zu beobachten. Der Goldpreis legte seit Jahresbeginn um über 30 Prozent zu. Bitcoin notiert gut 1 Prozent höher als zu Jahresbeginn, war in der Zwischenzeit jedoch starken Schwankungen ausgesetzt.
Wohlgesinntes Umfeld für Bitcoin & Co.
Die Krypto-Branche und insbesondere Bitcoin finden in den USA mit dem Politikwechsel der Trump-Regierung ein ihnen wohlgesinntes Umfeld vor. Auch die kurzfristige Euphorie rund um den Trump-Meme-Coin trieben den Bitcoin-Preis kräftig an. Mit dem Fokus auf einen aufziehenden Zollkrieg geriet der Kurs aber im Gleichklang mit den Aktienmärkten stark unter Druck. Selbst politischer Rückenwind in Form einer Klassifizierung der Bitcoin-Bestände als Reservevermögen der USA halfen der Kryptowährung nicht, die ihm zugewiesene Rolle als "digitales Gold" wahrzunehmen.
Vergleichbar sind Gold und Bitcoin dahingehend, dass beide Vermögenswerte keine Geldflüsse generieren: Weder Gold noch Bitcoin werfen Zinsen oder andere Arten von Ausschüttungen ab. Im Goldumfeld können laufende Geldflüsse einzig über den Kauf von Goldminenaktien generiert werden. Die Gewinne aus dem laufenden Geschäft werden zum Teil an die Aktionäre ausgeschüttet.
Auch im Krypto-Universum gibt es einige Anlagen, die mit dem sogenannten „Staking“ jährliche Zahlungen von zwischen 2 und 15 Prozent bieten. Staking bezeichnet dabei einen anderen Ansatz als das herkömmliche Mining - dem digitalen Schürfen von neuen Coins zur Validierung neuer Blöcke in einer Blockchain. Dabei können die Inhaber der Kryptowährung diese als Sicherheit hinterlegen und werden für das Hinterlegen entlohnt.
Anlageprodukte auf Aktien von Goldminen konnten im gleichen Zeitraum sogar noch höhere Kursgewinne als Gold verzeichnen. Es ist häufig der Fall, dass Goldminen einen Hebel auf Gold aufweisen. Bei Produkten auf die Blockchain-Technologie ist hingegen der Rücksetzer für den betrachteten Zeitraum noch wesentlich stärker als bei Bitcoin. Auch die zweitgrösste Kryptowährung Ethereum musste wesentlich mehr Federn lassen. Sie hat seit Jahresbeginn fast die Hälfte ihres Werts eingebüsst.
Verhalten in Krisenzeiten
Spannend ist der direkte Vergleich der aktuellen Marktverwerfungen mit der Corona-Krise von 2020. Damals verlor der MSCI World innerhalb von 24 Handelstagen gut 34 Prozent an Wert. Bitcoin büsste über denselben Zeitraum ebenfalls einen Drittel an Wert ein. Gold konnte sich mit einem moderaten Verlust von knapp 4 Prozent besser halten. In der aktuellen Korrektur im Nachgang an die Zollankündigungen von Anfang April büsste der MSCI World innerhalb von 14 Handelstagen knapp 15 Prozent ein. Gold verbuchte einen Kursanstieg von über 9 Prozent.
Bitcoin wertete in derselben Zeit - trotz zeitweisen starken Abgaben - sogar um 2 Prozent auf. Dies kann darauf hindeuten, dass Bitcoin im Verlauf der Zeit eine gewisse Maturität erlangt und sich in Krisenzeiten besser hält als in vergangenen Krisen.
Zwar weist Bitcoin einige Eigenschaften auf, die jenen von Gold ähnlich sind. Jedoch handelt es sich um so unterschiedliche Vermögenswerte, dass ein direkter Vergleich nicht möglich ist. Gold verdankt seinen Status als Krisenwährung mehreren Faktoren: physische Knappheit, Unabhängigkeit von Staaten und Zentralbanken, hohe Liquidität und ein historisch gewachsener Vertrauensvorschuss.
Auch Bitcoin weist aufgrund seiner limitierten Geldmenge (21 Millionen Coins) eine definierte Knappheit auf. Darüber hinaus bietet es Dezentralität und eine gewisse Resistenz gegenüber politischer Einflussnahme. Was Bitcoin hingegen (noch) fehlt, ist ein bewährter Leistungsnachweis in Phasen systemischer Krisen. Sein junges Alter – erst 2009 lanciert – macht die Beurteilung als langfristiger Krisenschutz schwierig.
Andere Rolle als Gold im Portfoliokontext
Bitcoin ist aktuell noch weit davon entfernt, Gold den Rang als Absicherung gegen Krisen abzulaufen. Es besteht allerdings die Chance, dass dieser die Korrelation mit dem Aktienmarkt in Zukunft reduzieren kann. Es wird sich wohl erst im Nachgang von kommenden Krisen beurteilen lassen, ob Bitcoin die ihm zugewiesene Rolle als "digitales Gold" und somit als Absicherung für unsichere Zeiten vermehrt wahrnimmt.
Im Portfoliokontext spielt Bitcoin damit wohl eine andere Rolle als Gold. Zudem weisen beide Vermögenswerte den Nachteil auf, dass keine direkten Geldflüsse generiert werden. Anleger müssen sich entsprechend Gedanken machen, ob Bitcoin die Rolle des glänzenden Edelmetalls im digitalen Zeitalter einnehmen kann oder nicht.
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