Bedrohen Krypto und TWINT die Margen von Visa, Mastercard und Co?

VZ Analyse

Visa, Mastercard & Co. geraten unter Druck: Stablecoins, der digitale Euro und mobile Bezahlsysteme wie TWINT könnten ihre jahrzehntelange Gebühren-Dominanz ins Wanken bringen.

13. Aug. 2025

Beschreibung

Autor: Jonas Wieckert / VZ VermögensZentrum 

Die grossen Kreditkartenunternehmen haben eine dominante Marktstellung bei Bezahlungen, was ihnen sehr hohe Margen und Profitabilität beschert. Doch Stablecoins, der geplante digitale Euro sowie neue mobile Zahlungsmöglichkeiten wie TWINT in der Schweiz erhöhen den Druck auf die Kreditkartenunternehmen in Zukunft erheblich. 

Die Margen der Kreditkartenunternehmen: Ein lukratives Quasi-Monopol 

Die grossen Kreditkartenanbieter Visa, Mastercard und American Express haben sich über Jahrzehnte ein globales Zahlungsnetzwerk aufgebaut, das ihnen eine nahezu monopolartige Stellung sichert. Ihre Geschäftsmodelle basieren auf Transaktionsgebühren, Interbankenentgelten und Wechselkursaufschlägen – Einnahmequellen, die ihnen beeindruckende Margen ermöglichen. Visa beispielsweise erzielte 2024 einen Gewinn von 23,3 Milliarden Franken bei einem Umsatz von 35,9 Milliarden Franken. Dies entspricht einer Marge von 56,5 Prozent. Händler zahlen für jede Kartenzahlung einen Prozentsatz, während Konsumenten oft nichts davon bemerken. Diese versteckten Kosten summieren sich weltweit zu Milliardenbeträgen. Die Profitabilität dieser Unternehmen ist entsprechend hoch, und ihre Börsenbewertungen spiegeln das wider. Doch diese goldene Ära könnte bald ins Wanken geraten. 

Stablecoins und das neue US-Gesetz: Der GENIUS Act als Wendepunkt 

Mit dem Aufstieg von Stablecoins – digitalen Währungen, die an Fiatgeld wie den US-Dollar gekoppelt sind – entsteht eine ernsthafte Konkurrenz für traditionelle Zahlungsanbieter. In den USA wurde im Juli 2025 der sogenannte GENIUS Act verabschiedet, das erste umfassende Bundesgesetz zur Regulierung von Stablecoins. Dieses Gesetz schafft klare Rahmenbedingungen für deren Ausgabe und Nutzung: Stablecoins müssen vollständig durch Bargeld oder kurzfristige Staatsanleihen gedeckt sein, regelmässige Audits sind Pflicht, und sie gelten nicht als Wertpapiere. 

Grosse Banken wie JPMorgan und Bank of America sind dabei, eigene Stablecoin-Zahlungsprodukte auszubauen. Insgesamt sind Stablecoin-Transaktionen in den letzten Jahren deutlich gestiegen. Gemäss Zahlen des World Economic Forum (WEF) werden pro Monat bereits mehr als 2 Billionen US-Dollar in Stablecoin-Transaktionen umgesetzt. Der GENIUS Act setzt durch die erhöhte Rechtsklarheit die Basis für eine noch breitere Adaption im täglichen Zahlungsverkehr. Zudem sind Stablecoin-Transaktionen deutlich günstiger als Kreditkartentransaktionen. Stablecoins entwickeln sich also zunehmend zu einer Alternative zu Kreditkarten und traditionellen Banküberweisungen – insbesondere für schnelle, kostengünstige Zahlungen. 

Europa und der digitale Euro: Souveränität durch Zentralbankgeld 

Auch die Europäische Zentralbank (EZB) treibt die Entwicklung eines digitalen Euros voran. Dabei handelt es sich um eine digitale Form von Zentralbankgeld, das für alle Bürger im Euroraum verfügbar sein soll – kostenlos, sicher und mit hohem Datenschutz. Der digitale Euro soll eine europäische Alternative zu den dominanten US-Zahlungssystemen schaffen und damit die monetäre Souveränität stärken. 

Der digitale Euro soll in einer elektronischen Geldbörse gespeichert werden und sowohl online als auch offline nutzbar sein. Die EZB betont, dass er Bargeld nicht ersetzen, sondern ergänzen soll. Die EZB denkt über eine Guthaben-Limite bei 3000 Euro pro Nutzer oder Nutzerin nach. Das könnte die Anwendungsmöglichkeiten einschränken. Die Testphase läuft bis Oktober 2025 und die genauen Einführungsbedingungen sind noch offen. Im Falle einer erfolgreichen Einführung hat der digitale Euro aber auch das Potenzial, den Kreditkartengiganten Marktanteile wegzunehmen. 

Mobile Zahlungssysteme weltweit: TWINT, PIX, Alipay & Co. 

Während Europa und die USA regulatorisch aufholen, verfügen andere Länder längst über funktionierende Alternativen. In der Schweiz hat sich TWINT als führende mobile Zahlungsplattform etabliert. Mit direkter Anbindung an Bankkonten und etwas tieferen Gebühren ist TWINT besonders im Alltag beliebt – vom Bauernmarkt bis zum Parkautomaten. Zwar ist TWINT derzeit nur national nutzbar, doch Kooperationen mit europäischen Partnern wie Bluecode und Swish sollen bald grenzüberschreitende Zahlungen ermöglichen. 

In Brasilien hat die Zentralbank mit PIX ein Echtzeit-Zahlungssystem geschaffen. Ziel hinter PIX ist es, Zahlungen günstiger und schneller zu machen und gleichzeitig die finanzielle Inklusion zu erhöhen. So ermöglicht PIX kostenlose, sofortige Überweisungen – rund um die Uhr. Die Plattform hat innerhalb weniger Jahre über 180 Millionen Nutzer gewonnen. Im Jahr 2024 wurden über 63 Milliarden PIX-Transaktionen mit einem Volumen von insgesamt 4,6 Billionen US-Dollar getätigt. Viele der Nutzer hatten nie eine Kreditkarte. Doch auch der Anteil der Brasilianer, welcher überhaupt Kreditkarten verwendet, ist zwischen 2021 und 2024 um 6 Prozentpunkte gesunken gemäss Angaben der Zentralbank – könnte das auch in anderen Regionen passieren, zum Beispiel mit dem digitalen Euro? 

In China dominieren Alipay und WeChat Pay den digitalen Zahlungsverkehr. Diese Plattformen sind tief in den Alltag integriert und bieten weit mehr als nur Bezahlfunktionen – von Kreditvergabe bis zu Versicherungen. Auch hier waren viele der Nutzer zuvor nie Besitzer einer Kreditkarte oder gar eines Bankkontos. Diese Systeme zeigen: Die Zukunft des Zahlungsverkehrs ist digital, schnell, kostengünstig und oft staatlich oder technologisch getrieben. Kreditkartenunternehmen stehen unter Druck, ihre Geschäftsmodelle zu überdenken, wenn sie in dieser neuen Zahlungswelt bestehen wollen. Mastercard ist zum Beispiel dabei, Stablecoins in die eigenen Produkte zu integrieren. 

Fazit 

Diverse Trends bedrohen die Margen der Kreditkartengiganten. Visa und Mastercard hatten einen guten Start ins Jahr. Alle drei Kreditkartenunternehmen haben jedoch, seit der GENIUS Act den amerikanischen Senat am 17. Juni passiert hat, deutlich gegenüber dem S&P-500-Index verloren. Die Zeit wird zeigen, ob und wie sich die etablierten Anbieter wie Visa, Mastercard und American Express gegenüber den zahlreichen Herausforderern behaupten können. 

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