Aufatmen für japanische Autobauer nach Zolldeal

VZ Analyse

Die USA und Japan haben sich auf ein Handelsabkommen geeinigt, das Strafzölle auf Autos deutlich senkt. Davon profitiert vor allem die japanische Automobilindustrie, deren Aktien nach der Einigung zweistellig zulegten. Das Abkommen sendet auch ein Signal an Europa – und könnte Trumps Druckstrategie neuen Schwung verleihen.

24. Juli 2025

Beschreibung

Autor: Andreas Paciorek / VZ VermögensZentrum 

Ein Deal mit Signalwirkung 

Die USA und Japan haben sich auf ein neues Handelsabkommen geeinigt. Kernstück: Ein deutlich reduzierter US-Zollsatz von 15 Prozent auf japanische Autoimporte – statt der zuvor angedrohten 25 Prozent. Im Gegenzug investiert Japan 550 Milliarden Dollar in den USA und öffnet seinen Markt stärker für amerikanische Automobil- und Agrarprodukte. Japans Premierminister Ishiba betonte, es sei das erste Mal, dass die USA Zölle auf Autos ohne mengenmässige Beschränkungen senken. Bestehen bleiben allerdings die 50-Prozent-Zölle auf japanischen Stahl und Aluminium. 

Nach den Deals mit Grossbritannien und Vietnam ist Japan das wirtschaftlich bedeutendste Land, das vor Trumps 1.-August-Ultimatum ein Handelsabkommen erreichen konnte. Für Mittwoch sind nun Gespräche mit der EU angesetzt. 

Autobranche profitiert am stärksten 

Besonders erfreut zeigt sich Japans Schlüsselbranche: die Automobilindustrie. Der gesenkte Zoll entlastet Hersteller wie Toyota, Honda oder Nissan massiv – laut Goldman Sachs sinkt ihre jährliche Zolllast um fast 14 Milliarden Dollar. Das verbessert nicht nur die Margen, sondern sorgt auch für neue Investitionsspielräume. Gleichzeitig öffnet Japan seinen Agrarmarkt für US-Produkte, und Tokio stellt Milliarden für Zukunftsindustrien in den USA bereit – etwa in Halbleiter, Schiffbau oder LNG-Projekte. 

Einige Streitpunkte bleiben indes ungelöst, wie die Stahlzölle oder die Forderungen der USA nach höheren japanischen Verteidigungsausgaben. Dennoch überwiegt in Japan die Erleichterung, dass zumindest der wichtigste Exportsektor abgesichert ist.

Kursrally bei japanischen Autoaktien 

Die japanische Börse reagierte erleichtert: Der Nikkei stieg um 3,5 Prozent. Autoaktien legten zweistellig zu – Toyota kletterte um 14 Prozent, Mazda um 17 Prozent. Auch Hyundai, Kia, Volkswagen und BMW profitierten, in Erwartung weiterer Deals. Aus Anlegersicht ist der Deal ein Befreiungsschlag: Statt prohibitivem Strafzoll droht nun nur ein moderater Zoll – ohne Mengenbegrenzung. Das stärkt die Wettbewerbsposition der Japaner im US-Markt. 

Zudem sorgt der Deal für Planungssicherheit nach monatelanger Hängepartie – ein psychologisch wichtiger Faktor. Ein schwächerer Yen und die Aussicht auf eine geldpolitische Normalisierung durch die Bank of Japan verstärken den Rückenwind für die japanischen Autobauer zusätzlich. 

Risiken bleiben, Potenzial auch 

Der Deal zeigt, dass Trump zu Kompromissen bereit ist. Zugleich ist Vorsicht angebracht: Für aus Mexiko oder Kanada exportierte Fahrzeuge gelten weiter Strafzölle. Auch ist noch unklar, wie und wann die 550 Milliarden Dollar an Investitionen umgesetzt werden. US-Autoverbände kritisieren zudem die Wettbewerbsvorteile für japanische Hersteller. Eine spätere Nachverhandlung ist daher nicht ausgeschlossen. 

Kurzfristig überwiegt aber die positive Wirkung: Die japanische Autoindustrie atmet etwas durch, die Börse feiert. Entscheidend wird nun, ob die Unternehmen ihre neue Freiheit strategisch nutzen – etwa durch Preissenkungen in den USA oder Investitionen in Innovation. Die nächsten Quartalszahlen dürften zeigen, wie viel vom Zollfrieden wirklich im Ergebnis ankommt. 

US‑Japan‑Deal: Was er für Europa und die Schweiz bedeutet 

Nur Stunden nach Bekanntgabe des Japan-Deals kündigte Donald Trump neue Gespräche mit der EU an – mit dem Ziel, bis spätestens 1. August eine Grundsatzeinigung zu erzielen. Der politische Hebel ist klar: Trump nutzt Tokio als Blaupause, um auch Brüssel Zugeständnisse abzuringen. Um sich gegen überzogene Forderungen zu wappnen und auf den Worst-Case vorzubereiten, arbeitet die EU wiederum an weitreichenden Gegenmassnahmen, von Gegenzöllen bis hin zum Einsatz des Anti-Coercion-Instruments, das als Reaktion auf wirtschaftlichen Zwang politische Vergeltung ermöglicht. 

Börsen setzen auf eine Einigung 

Die Marktreaktion zeigt, was auf dem Spiel steht: Bis zur Mittagszeit stieg der europäische Auto-Index am Mittwoch um 3,4 % – deutlich stärker als der breite STOXX 600 (+0,9 %). Besonders gefragt waren Volvo Cars (+7 %), Porsche, BMW, Mercedes-Benz und Volkswagen mit Kursgewinnen von 3,8 % bis 6,8 % sowie Stellantis und Renault mit jeweils rund +3 %. Die Rally spiegelt die Erwartung eines vergleichbaren Deals für Europa. 

Brüssel verhandelt laut Reuters derzeit über ein Bündel an Massnahmen, um die Autoindustrie abzusichern: Neben Tarifsenkungen stehen Importquoten und Zollkompensationen für US-Waren zur Debatte. Der Handlungsdruck ist real: Europa exportierte 2024 laut ACEA fast 758'000 Fahrzeuge im Wert von 38,9 Milliarden Euro in die USA – mehr als das Vierfache der US-Ausfuhren in umgekehrter Richtung. 

Ein kritischer Punkt: Die US-Autoindustrie selbst zeigt sich unzufrieden mit dem Japan-Deal. Vertreter von Stellantis und anderen Produzenten monieren, dass zwar Zölle auf japanische Fahrzeuge gesenkt wurden, aber keine vergleichbaren Vorteile für US-Werke in Kanada und Mexiko vereinbart wurden – ein innenpolitischer Sprengsatz, der auch die EU-Verhandlungen beeinflussen könnte. 

Fazit: Zwischen Chance und Druck – Europa am Scheideweg 

Der US Japan Deal wirkt wie ein Katalysator: Er hat die Hoffnungen auf eine baldige Einigung zwischen den USA und der EU befeuert – und zugleich den Druck erhöht. Bis zum 1. August bleibt wenig Zeit, um eine Eskalation durch Strafzölle und Gegenzölle zu verhindern. Doch das politische Klima ist komplexer als noch vor wenigen Jahren. Während Brüssel mit Washington verhandelt, laufen parallel Gespräche mit China und Japan – ein Hinweis darauf, dass die EU sich strategisch breiter aufstellen will. Vorbildwirkung: Da der Japandeal eine Reduktion auf ein mittleres Niveau ermöglicht, bietet er auch der EU und der Schweiz ein realistisches Modell: 15 Prozent könnten als Markierung gelten – mit potenziellen Gegenleistungen, aber auch ohne drastische Zollerhöhungen.