AT1-Anleihen: Das müssen Anleger wissen

VZ Analyse

Seit der Übernahme der Credit Suisse durch die UBS sind AT1-Anleihen in aller Munde. Sie bieten attraktive Renditen, können aber auch zum Totalverlust führen.

Publiziert 5. Nov. 2025

Autor

Ramon Hess

Funktion Anlageexperte

Beschreibung

Die Schweizer Finanzmarktaufsicht (FINMA) ordnete im März 2023 die vollständige Abschreibung der sogenannten Additional Tier 1- Anleihen (AT1) der Credit Suisse an. Diese Massnahme war ein zentraler Bestandteil, damit die Übernahme durch die UBS zustande kam. AT1-Anleihen sind bedingte Wandelanleihen. "Bedingt", da die Anleihen beim Eintreten bestimmter Auslösekriterien (Trigger) automatisch von Fremdkapital in Eigenkapital umgewandelt oder sogar vollständig abgeschrieben werden können.

AT1-Anleihen wurden nach der globalen Finanzkrise 2008 im Rahmen der strengeren Bankenregulierung und Kapitalvorschriften eingeführt. Sie dienen den Finanzinstituten als Hybridkapital. Gerät eine Bank in Schieflage absorbieren diese Anleihen Verluste, indem sie von Fremdkapital in Eigenkapital umgewandelt werden. Durch das Stärken der Kapitalbasis wird die Bank stabilisiert. Bedingte Wandelanleihen sind somit ein zentrales Element des modernen Bankrettungsmechanismus und sollen verhindern, dass Verluste auf die Steuerzahler übertragen werden.

Attraktive Renditen im Vergleich zu traditionellen Anleihen

Im aktuellen Tiefzinsumfeld bieten bedingte Wandelanleihen attraktive Renditechancen gegenüber klassischen Unternehmensanleihen. Schweizer Banken entschädigen Investoren derzeit mit Kupons zwischen 3 bis 4 Prozent und einer Verfallrendite zwischen 2,3 und 3,4 Prozent für in Schweizer Franken emittierte Anleihen. Zum Vergleich: Zehnjährige Unternehmensanleihen mit hoher Bonität in Schweizer Franken rentieren im Schnitt nur rund 0,7 Prozent.

In Fremdwährungen emittierte AT1-Anleihen bieten häufig noch höhere Kupons und Renditen, bergen jedoch ein Währungsrisiko. Ein Beispiel ist der Swisscanto Bond Fund Committed COCO BTH CHF, der mehrheitlich AT1-Anleihen europäischer Finanzinstitute hält. Durch die breite Diversifikation wird das Ausfallrisiko reduziert. Der Fonds weist aktuell einen durchschnittlichen Kupon von 5,9 Prozent und eine Verfallrendite von rund 6 Prozent aus, wobei Währungsschwankungen das Ergebnis deutlich beeinflussen können.

Neben laufenden Kuponerträgen können Anleger auch von Kurssteigerungen profitieren. Verbessert sich beispielsweise die finanzielle Situation eines Emittenten oder hellen sich die allgemeinen Marktaussichten auf, steigen die Preise der Anleihen. Dadurch lassen sich für bestehende Investoren attraktive Kursgewinne realisieren.

Renditen entschädigen für hohe Risiken

Die überdurchschnittlichen Renditen spiegeln das Risiko dieser Anlageklasse wider. Anders als traditionelle Wandelanleihen sind die AT1 einem Umwandlungsrisiko ausgesetzt. Beim Eintreten des vertraglich festgelegten Triggers werden die Anleihen automatisch in Aktienkapital der Bank umgewandelt. Da sich die Bank zu diesem Zeitpunkt bereits in einer Krise befindet, liegt der Aktienkurs häufig deutlich unter dem Umwandlungspreis, was zu erheblichen Verlusten führen kann. In der Schweiz erfolgt die automatische Umwandlung, wenn die Quote des harten Kernkapitals (CET1-Ratio) unter 7 Prozent fällt. Stuft die FINMA das Finanzinstitut als nicht mehr überlebensfähig ein, können die AT1-Anleihen sogar ganz abgeschrieben werden. Der Gläubiger erleidet dadurch einen Totalverlust.

Auch Kuponausfälle stellen für Investoren ein mögliches Risiko dar. Macht die finanzielle Situation des Emittenten dies erforderlich, können Kuponzahlungen ausgesetzt werden. Es besteht kein Anspruch auf Nachzahlungen oder Ersatzleistungen. Wie bei traditionellen Anleihen spielen die Kreditwürdigkeit und die Kapitalausstattung des Schuldners eine wichtige Rolle. Bei einer drohenden Insolvenz absorbieren die AT1-Anleihen direkt die Verluste. Die regulatorischen Rahmenbedingungen machen AT1-Anleihen zu komplexen Finanzinstrumenten. Durch die Komplexität sind sie illiquider als traditionelle Anleihen. Dies erschwert eine Veräusserung in Krisenzeiten.

Solide Kapitalpuffer bei Schweizer und europäischen Banken

Schweizer und Europäische Banken sind sehr gut kapitalisiert. Laut dem Finanzstabilitätsbericht der Schweizerischen Nationalbank lag die durchschnittliche harte Kernkapitalquote Schweizer Banken zuletzt bei 17,4 Prozent, während die Europäische Zentralbank für den Euroraum einen Wert von 16,1 Prozent nennt.

Damit verfügen die Institute über komfortable Puffer oberhalb der AT1-Schwellenwerte. Um diese Schwellen zu unterschreiten, müssten Banken enorme Verluste erleiden, was gegenwärtig als eher unwahrscheinlich gilt.

AT1-Anleihen bieten Anlegern überdurchschnittliche Renditechancen, gehen jedoch mit erheblichen Risiken und struktureller Komplexität einher. Sie eignen sich daher primär für erfahrene Investoren, die sowohl das Verlustrisiko akzeptieren als auch die Funktionsweise dieser Finanzinstrumente verstehen. 

Disclaimer: Alle Angaben ohne Gewähr. Bei den aufgezeigten Informationen handelt es sich um Werbung gemäss Art. 68 FIDLEG