Aktien im Vergleich – Ryanair und Easyjet

VZ Analyse

Zwei Fluggesellschaften, zwei Börsenstorys: Ein Gewinnsprung hier, verhaltener Ausblick dort. Was Investoren über die europäischen Airline-Aktien wissen sollten.

28. Juli 2025

Beschreibung

Autor: Léon Plüss / VZ VermögensZentrum

Ryanair: Europas Low-Cost-Gigant 

Ryanair ist Europas grösste Airline-Gruppe und spezialisiert sich auf günstige Kurzstreckenflüge zwischen regionalen und sekundären Flughäfen. Mit einer standardisierten Flotte von rund 618 Boeing-Jets verbindet sie über 230 Ziele in mehr als 35 Ländern und führt rund 3600 tägliche Flüge durch. 

Dank effizienter Abläufe und schlanker Kostenstruktur erreicht Ryanair einen Einheitspreis ohne Treibstoffkosten von nur 36 Euro pro Passagier. Dies ist deutlich unter Wettbewerbern wie easyJet oder Wizz Air und traditionellen Carriern. Etwa 30 Prozent des Umsatzes stammen aus Zusatzleistungen wie Sitzplatzreservierungen, Priority-Boarding, Bordverkäufen und Mietwagenangeboten.

Allein im ersten Quartal des Geschäftsjahres 2026 beförderte die Gesellschaft 57,9 Millionen Passagiere, ein Plus von 4 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Trotz weiterhin starker Sommerbuchungen drosselt das Unternehmen das Passagierwachstum auf 3 Prozent (206 Millionen Passagiere), da Flugzeuglieferungen von Boeing stark verspätet eintreffen. Da Ryanair vollständig auf Boeing-Flugzeuge setzt, sieht sie sich aktuell geopolitischen Risiken ausgesetzt: Ab 1. August droht eine 30-prozentige US-Zollbelastung auf EU-Flugzeugimporte. Finanzchef Neil Sorahan betont jedoch, dass für das Geschäftsjahr 2026 bereits Festpreise vereinbart wurden und eventuelle Zölle Boeing, nicht Ryanair, treffen würden. Sollte sich die Lage weiter verschärfen, könnten zudem Lieferungen auch über die britische Tochtergesellschaft erfolgen, um Zusatzkosten zu vermeiden. Ein kurzfristiger Wechsel zu Airbus oder Comac sei keine Option, da deren Kapazitäten bis 2030 ausgeschöpft sind. 

Im ersten Quartal des Geschäftsjahres 2025/26 hat Ryanair seinen Nettogewinn mehr als verdoppelt: Er stieg umgerechnet von 350 Mio. Franken auf 770 Mio. Franken und übertraf damit die Bloomberg-Analystenschätzungen von 644 Mio. Franken. Der Gesamtumsatz legte um 20 Prozent auf 4,06 Mrd. Franken zu, dabei entfielen 1,3 Mrd. Franken auf Zusatzleistungen wie Gepäck, Sitzplatzreservierungen und Bordverkäufe. Die starken Quartalszahlen für das erste Quartal des Geschäftsjahrs 2025/26 sorgten für ein deutliches Kursplus: Zum Handelsstart legte die Ryanair-Aktie um fast 10 Prozent zu. Auf Jahressicht notiert Ryanair bereits 29,1 Prozent im Plus und übertrifft damit die Performance anderer europäischer Billigflieger wie Easyjet oder Wizz Air. Die Analystenstimmung ist klar positiv: Von 22 abgegebenen Bewertungen empfehlen 72 Prozent einen Kauf, 23 Prozent stufen die Aktie als Halteposition ein, lediglich 5 Prozent sehen Verkaufsbedarf.

Easyjet: Zollerprobt, aber nicht streikresistent

Während Ryanair als unangefochtener Marktführer im Billigflugsektor dominiert, setzt Easyjet bewusst auf City-Airports, ein etwas höheres Komfortniveau und breiter gefächerte Wachstumssegmente. Die Airline verfügt über eine homogene Flotte von 340 Airbus-Maschinen, gefertigt in europäischen Werken und damit nicht unmittelbar bedroht von den US-Einfuhrzöllen auf Flugzeuge. Mit Point-to-Point Verbindungen bedient easyJet 160 Flughäfen in 35 Ländern, darunter Metropolen wie London Gatwick, London Luton und Paris Charles-de-Gaulle. In den Kernmärkten Vereinigtes Königreich (UK), Frankreich und der Schweiz behauptet sich die Airline als Nummer 1.

Das Geschäftsmodell von Easyjet setzt auf maximale Sitzplatzauslastung bei schlanker Kostenstruktur. Auf klassische Premium-Features wie Business Class oder kostenlose Bordverpflegung wird bewusst verzichtet, stattdessen steht ein klarer, kosteneffizienter Standard im Fokus. Der Airline-Bereich, der rund 85 Prozent des Gesamtumsatzes ausmacht, generiert seine Erlöse überwiegend über Ticketverkäufe (etwa 60 Prozent) sowie über Zusatzleistungen wie Gepäckgebühren, Sitzplatzreservierungen und Priority-Boarding, die gemeinsam über 25 Prozent zum Umsatz beitragen. Geografisch entfällt knapp 55 Prozent des Umsatzes auf das Vereinigte Königreich, etwa 20 Prozent auf Südeuropa (ohne Frankreich) sowie jeweils rund 10 Prozent auf Frankreich und die Schweiz.

Ein besonderes Alleinstellungsmerkmal ist das 2019 lancierte Segment Easyjet Holidays, das inzwischen rund 15 Prozent zum Gesamtumsatz beisteuert. Als voll integrierte Pauschalreiseplattform kombiniert es Flug, Hotel und Mietwagen in einem Buchungsprozess und stärkt dadurch die Kundenbindung entlang der gesamten Reisekette. Trotz des im Vergleich kleineren Umsatzanteils gilt das Holiday-Geschäft als margenstärker und bietet zusätzliche Diversifizierung gegenüber dem reinen Airline-Geschäft.

Im dritten Quartal 2025 (Stichtag 30. Juni, veröffentlicht am 17. Juli) steigerte Easyjet den Vorsteuergewinn erwartungsgemäss um 21,2 Prozent. Getragen wurde dies unter anderem von einer Kapazitätsausweitung von 7,9 Prozent und zusätzlicher Nachfrage rund um Ostern, welche dieses Jahr in den April und somit ins dritte Quartal fiel. Auch das Holiday-Geschäft entwickelte sich erfreulich und erzielte ein Gewinnplus von 17,8 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum.

Trotz der soliden Quartalszahlen bleibt die Prognose für das Gesamtjahr aus Sicht der Investoren verhalten. Zwar zeigt sich easyJet selbst optimistisch für das Geschäftsjahr 2025, doch höhere Treibstoffkosten, Streiks der französischen Fluglotsen und eine zunehmende Tendenz zu späteren Buchungen könnten die Erreichung der Analystenschätzungen von rund 750 Millionen Franken Vorsteuergewinn erschweren.

Die Q3-Zahlen von Easyjet fielen zwar solide aus, doch die Marktreaktion blieb verhalten: Am Tag der Veröffentlichung verlor die Aktie rund 5 Prozent an Wert. Auf Jahressicht liegt die Aktie mit einem Minus von 15,1 Prozent deutlich hinter Konkurrenten wie Ryanair, das 2025 bislang mit zweistelligem Kursplus glänzt. Dennoch überwiegt bei Analysten der Optimismus: Laut Bloomberg empfehlen von 21 Expertinnen und Experten 71,4 Prozent den Kauf der easyJet-Aktie, 28,6 Prozent stufen sie als Halteposition ein. Verkaufsbedarf wird derzeit nicht gesehen.