VZ-Analyse
Die Rüstungsunternehmen Rheinmetall und BAE Systems profitieren derzeit von massiven Investitionen in die Verteidigung, geopolitischer Unsicherheit und einer strukturellen Aufrüstung in Europa. Gleichzeitig bleiben sie abhängig von politischen Rahmenbedingungen und sicherheitspolitischen Entwicklungen.
Der Rüstungssektor im Aufschwung
In jüngster Zeit hat der Sektor für Verteidigungstechnologie in Europa signifikant an Relevanz gewonnen. Ein entscheidender Faktor war insbesondere der Krieg, der durch Russland in der Ukraine im Februar 2022 ausgelöst wurde und eine bedeutende Veränderung in der Sicherheitspolitik zur Folge hatte. Eine Vielzahl europäischer Nationen reagierte daraufhin mit einer erheblichen Aufstockung ihrer Verteidigungsbudgets, um ihre militärischen Kapazitäten zu erweitern und ihre Abhängigkeit von Lieferanten ausserhalb Europas zu reduzieren. Trotz dieser Anstrengungen bleibt Europa bei Schlüsselwaffensystemen auf die USA angewiesen und steht weiterhin vor Herausforderungen, den Bedarf der Ukraine an Waffen und Ausrüstung zu erfüllen.
Diese strukturelle Abhängigkeit wird durch aktuelle politische Entwicklungen weiter verschärft. So fordert US-Präsident Trump eine massive Erhöhung der Verteidigungsausgaben aller NATO-Staaten auf 5 Prozent des BIP. Ein Ziel, das weit über dem bisherigen Konsens von zwei Prozent liegt und zahlreiche Mitgliedstaaten vor enorme finanzielle Herausforderungen stellt. Obwohl eine solche Massnahme für viele kaum umsetzbar erscheint, gewinnt die Forderung durch wachsende politische Unterstützung an Bedeutung und könnte beim NATO-Gipfel im Juni 2025 in Den Haag zu einem neuen, verbindlichen Ziel werden.
Angesichts dieser Umstände gewinnt die Verteidigungstechnologiebranche in Europa merklich an Bedeutung. Unternehmen wie Rheinmetall und BAE Systems profitieren vom Trend zur Aufrüstung und konnten ihre Positionen auf dem globalen Markt stärken. Die militärische Aufrüstung Europas stellt somit nicht nur eine Reaktion auf sicherheitspolitische Aspekte dar, sondern wird zunehmend auch zu einem wirtschaftlichen Faktor.
Rheinmetall: Profiteur der europäischen Aufrüstungspolitik
Rheinmetall ist ein führender deutscher Rüstungskonzern mit Sitz in Düsseldorf. Unterteilt ist das Unternehmen in vier Geschäftsfelder: Fahrzeugsysteme (41%), Waffen und Munition (23%), Energiesysteme (22%) und elektronische Lösungen (14%). Das Unternehmen ist weltweit tätig und generiert seinen Umsatz hauptsächlich in Deutschland (30%), restliches Europa (42%), Nord- und Südamerika (14%) und Asien (6%). Rheinmetall produziert unter anderem Kampfpanzer, Schützenpanzer und Artilleriesysteme und verschiedene Munitionstypen. Zudem ist Rheinmetall ein bedeutender Partner bei der Digitalisierung der Bundeswehr und engagiert sich in Bereichen wie E-Mobilität und Wasserstofftechnologie.
Rheinmetall verzeichnet 2025 ein starkes Wachstum, angetrieben durch erhöhte Verteidigungsausgaben in Europa. Dabei resultiert ein Kursanstieg von rund 205 Prozent seit Anfang des Jahres. Erwartet wird für den deutschen Rüstungskonzern für das Geschäftsjahr ein Umsatzanstieg von 25 bis 30 Prozent. Zu den aktuellen Projekten zählt der Bau einer neuen Geschützfertigung in England, mit Investitionen von über 400 Millionen Pfund. Rheinmetall stellt auf der AFCEA 2025 die neue digitale Plattform «Battlesuite» vor. Diese soll die militärische Gefechtsführung durch eine bessere Vernetzung und Koordination der eingesetzten Kräfte deutlich verbessern. In der Ukraine plant das Unternehmen den Aufbau einer Munitionsfabrik, um die lokale Produktion zu stärken.
Rheinmetalls Kursverlauf verbucht in den vergangenen drei Jahren einen Zuwachs von weit über 800 Prozent und steht exemplarisch für den Aufschwung der Rüstungskonzerne. Die Analysten sind trotz eines sehr hohen Kurs-Gewinn-Verhältnisses (KGV) positiv gestimmt und sprechen sich zum Grossteil für eine Kaufempfehlung aus. Im laufenden Geschäftsjahr dürfte sich das KGV laut Prognose zu stark steigenden Gewinnen mehr als halbieren.
BAE Systems: Globale Marktstellung und stabile Auftragslage
British Aerospace Electronic Systems (BAE Systems) ist ein Konzern mit Hauptsitz in London, der sich auf Verteidigung, Luft- und Raumfahrt sowie Sicherheitstechnologien spezialisiert hat. Das Produktportfolio umfasst unter anderem Kampfflugzeuge, U-Boote sowie elektronische Kriegssysteme. Das Unternehmen ist ein bedeutender Lieferant für das US-Verteidigungsministerium und die britischen Streitkräfte. Das Unternehmen gliedert sich in fünf Geschäftsfelder: Elektronische Systeme (27%), Luft (26%), Seefahrt (22%), Plattformen und Dienste (16%), sowie Cyberintelligenz (9%). Geografisch erzielt BAE Systems seinen Umsatz insbesondere in den USA (48%), Saudi-Arabien (11%) und Europa (7%).
Auch BAE Systems wächst im aktuellen Geschäftsjahr 2025 stark und bestätigt dies mit einem Kursanstieg von rund 64 Prozent an der Börse. Treiber hierfür waren internationale Grossaufträge, beispielsweise der Verkauf von Typhoon Kampfflugzeugen an die Türkei oder die geplante Übernahme von Iveco Defence Vehicles. Der britische Verteidigungstechnologiekonzern verzeichnet ein Auftragsvolumen von über 77 Milliarden Pfund und erwarteten ein Umsatzwachstum von bis zu 9 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Das Unternehmen plant, seine Produktionskapazitäten zu erweitern. Dies beinhaltet die Einrichtung neuer Produktionslinien für Artilleriemunition und die Beteiligung am Global Combat Air Programme (GCAP) zur Entwicklung eines Kampfflugzeugs der sechsten Generation in Zusammenarbeit mit Japan und Italien. Darüber hinaus investiert das Unternehmen in die Ausbildung von über 2400 neuen Fachkräften, um den wachsenden Bedarf zu decken.
Der Kursverlauf von BAE System avancierte in gleicher Zeitspanne um über 140 Prozent. Im Vergleich zu Rheinmetall notiert das KGV aktuell deutlich tiefer und dürfte für das laufende Jahr ebenfalls sinken. Die Analysten hingegen sind bei ihrer Einschätzung unentschlossener. Die Hälfte aller Analysten stuft die Aktie zum Kauf ein.
Die Abhängigkeit zur Politik
Trotz ihrer derzeitigen Stärke sind BAE Systems und Rheinmetall den politischen Rahmenbedingungen ausgesetzt, die Risiken für ihre Geschäftsentwicklung bergen. Beide Unternehmen sind von staatlichen Rüstungsaufträgen abhängig. Fällt dieser politische Wille weg oder kehrt internationale Stabilität ein, kann das zu Nachfrageeinbrüchen führen. Eine Deeskalation globaler Konflikte oder eine politische Neuausrichtung, beispielsweise in Richtung Beschränkungen für Rüstungsexporte, Budgetkürzungen im Verteidigungssektor oder steigendem öffentlichen Widerstand gegen die Waffenindustrie, könnte die Auftragslage potenziell beeinträchtigen. Hinzu kommen klassische Risiken wie Lieferkettenstörungen, regulatorische Unsicherheiten bei Auslandsgeschäften, Währungsschwankungen sowie der zunehmende internationale Wettbewerb. Besonders problematisch ist auch das Reputationsrisiko. Die Branche steht permanent unter ethischer Beobachtung. Compliance-Vorfälle oder Menschenrechtsdebatten können schnell zu politischen oder wirtschaftlichen Sanktionen führen. Insgesamt bleibt das Umfeld für beide Unternehmen zwar chancenreich, aber anfällig für plötzliche Gegenbewegungen.
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