VZ Analyse
Nestlé ringt mit Preisdruck und Nachfrageschwäche, während Keurig mit der Übernahme von JDE Peet’s zum direkten Rivalen im globalen Kaffeemarkt aufsteigt.
29. Aug. 2025
Beschreibung
Im Gegenwind: Nestlé kämpft mit Nachfrageflaute
Nestlé ist das grösste Lebensmittel- und Getränkeunternehmen der Welt. Die Produktpalette deckt nahezu jede Kategorie der Ernährung ab: Kaffee, Babynahrung, Frühstückscerealien, Tiefkühlkost, Eis, Süsswaren, Wasser, Tiernahrung, sowie Gesundheits- und Spezialernährung. Dennoch steckt Nestlé zur Jahresmitte 2025 in einem schwierigen Balanceakt zwischen Preiserhöhungen, schwacher Nachfrage und anhaltendem Margendruck. Das Unternehmen konnte sein organisches Wachstum leicht steigern, doch fast ausschliesslich dank höherer Preise – die verkauften Mengen gingen zurück. Besonders deutlich zeigt sich die Zurückhaltung der Konsumenten bei Süsswaren und Fertiggerichten, während im Kaffeegeschäft trotz hoher Rohstoffpreise die Kundenbindung stabil blieb. China, nach den USA der zweitwichtigste Markt, bleibt weiterhin ein Problemkind: Das bisherige Vertriebsmodell greift in einem schwachen Konsumumfeld nicht mehr. Auch in Nordamerika bleibt die Nachfrage angespannt, während Europa vergleichsweise stabil ist.
Die Profitabilität leidet unter steigenden Rohstoffkosten sowie negativen Währungseffekten, die Margen sind enger geworden. Dennoch wurden Fortschritte bei Sparmassnahmen und beim Turnaround einzelner Produktlinien erzielt. Besonders das Gesundheitssegment mit Vitaminen und Nahrungsergänzungsmitteln bleibt jedoch eine Baustelle. Teile davon sollen verkauft werden, ähnlich wie im schwächelnden Wassergeschäft, für das ein Investor gesucht wird. Damit setzt Nestlé auf eine Verschlankung des Portfolios und stärkere Konzentration auf Kategorien mit strukturellem Wachstum wie Kaffee, Tiernahrung und Ernährung.
An der Börse wurden die Zahlen kritisch aufgenommen, die Aktie fiel zeitweise auf ein Mehrjahrestief. Investoren misstrauen weiterhin den Wachstumsversprechen des Konzerns und sehen die Gefahr, dass Preiserhöhungen langfristig Marktanteile kosten. Gleichzeitig honoriert der Markt bislang nicht, dass die operative Marge besser als erwartet ausfiel und die Dividendenrendite nach wie vor attraktiv bleibt. Beobachter verweisen darauf, dass Nestlé unter Freixe zwar strategisch einen realistischeren Kurs fährt, Ergebnisse aber Zeit brauchen. Die Stimmung ist daher abwartend.
Die Schwierigkeiten des Turnarounds spiegeln sich deutlich im Kursverlauf der letzten drei Jahre wider. Auch der kurzfristige Anstieg zu Beginn des laufenden Jahres hielt nicht lange an. Die Aktie notiert in der Zeitspanne über 35 Prozent tiefer. Die Analysten sind jedoch keineswegs negativ gestimmt. Die Aktie wird gleichermassen zum Halten und Kaufen eingestuft. Der Optimismus gründet vor allem auf zwei Faktoren: einer attraktiven Dividendenrendite und einer historisch günstigen Bewertung. Das Kurs-Gewinn-Verhältnis liegt aktuell bei 18 und dürfte im laufenden Jahr weiter auf 16 sinken.
Unterm Strich bleibt Nestlé ein Riese im Umbruch, der gezwungen ist, sich stärker auf sein Kerngeschäft und strukturell wachsende Sparten zu konzentrieren. Die nächsten Quartale werden zeigen, ob die Mischung aus Preiserhöhungen, Kostensenkungen und Portfolio-Bereinigung reicht, um das Vertrauen der Investoren zurückzugewinnen und den Turnaround zu festigen.
Angriff auf Nestlé: Keurig setzt auf Milliardenübernahme
Keurig ist ein US-amerikanischer Getränke- und Kaffeemaschinen-Konzern mit über 125 Marken, darunter Dr Pepper, 7UP, Canada Dry und Keurig. Im jüngsten Quartal legte das Unternehmen solide Ergebnisse vor: Umsatz und Reingewinn lagen leicht über den Erwartungen, getragen von Preiserhöhungen und starken Softdrink-Verkäufen, während das Kaffeegeschäft leichte Rückgänge verzeichnete. Auf dieser Basis treibt Keurig nun den grössten Schritt seiner jüngeren Geschichte voran – die rund 18 Mrd. USD schwere Übernahme von JDE Peet’s, gefolgt von einer Aufspaltung in zwei börsennotierte Gesellschaften. Ziel ist eine klare Trennung der Geschäftsfelder in ein globales Kaffeeunternehmen mit Marken wie Jacobs, Senseo und Green Mountain sowie eine nordamerikanische Getränkesparte mit Klassikern wie Dr Pepper und 7UP. Damit setzt Keurig auf Fokussierung und Premiumbewertung, stösst jedoch angesichts hoher Verschuldung und eines unsicheren Marktumfelds auf spürbare Skepsis bei Investoren.
Strategisch verschafft der Deal Keurig internationale Reichweite und JDE Peet’s eine breitere Aufstellung jenseits Europas, wodurch ein Gegengewicht zu Nestlé entsteht. Die Aufspaltung in zwei spezialisierte Gesellschaften folgt dem Branchentrend, Investoren durch fokussierte Strukturen mehr Vertrauen und Bewertungsspielraum zu geben.
Für Nestlé bedeutet der Schritt die Rückkehr ernsthafter Konkurrenz im Premiumkaffee-Segment, während Investoren von Keurig zwischen kurzfristiger Bilanzbelastung und langfristiger Wachstumsfantasie abwägen müssen. Entscheidend wird sein, ob es dem neuen Kaffeeunternehmen gelingt, Innovation und internationale Expansion konsequent umzusetzen und sich gegen die Marktmacht von Nespresso und Nescafé zu behaupten.
Der Aktienkurs von Keurig zeigte in den vergangenen drei Jahren ein stark schwankendes Auf und Ab. Besonders der jüngste Übernahmeversuch durch JDE Peet’s stiess an der Börse auf Skepsis: Am Tag der Bekanntgabe verlor die Aktie in Lokalwährung mehr als zehn Prozent. Für das laufende Jahr wird ein rückläufiges KGV erwartet. Analysten bleiben jedoch überwiegend optimistisch – eine Verkaufsempfehlung liegt derzeit nicht vor.
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