Nachlass

Erbe annehmen oder ausschlagen?

Nicht jede Erbschaft ist ein Grund zur Freude. Besteht die Gefahr einer Überschuldung, sind sorgfältige Abklärungen angezeigt.

Gabrielle Sigg
Expertin Willensvollstreckung

Jeder Erbe kann eine Erbschaft ausschlagen, wenn sie überschuldet ist. Wenn er das nicht innerhalb von drei Monaten tut, seit er vom Tod des Erblassers erfahren hat, gilt das Erbe als angenommen. Der Erbe haftet dann auch für Schulden, die vielleicht erst später zum Vorschein kommen.

Wer mit der verstorbenen Person keinen oder nur losen Kontakt hatte, weiss oft nicht, ob sie überschuldet war. Banken und Behörden erteilen nur Auskünfte, wenn man einen Erbschein vorweisen kann. Um dieses Dokument zu erhalten, muss man das Erbe annehmen. Wie also vorgehen, wenn man keinen Überblick über die finanziellen Verhältnisse des Verstorbenen hat? Drei Varianten stehen zur Auswahl:

1. Auskunftsbescheinigung

In einigen Kantonen ist in der Regel für wenig Geld eine Auskunftsbescheinigung erhältlich. Mit diesem Dokument kann man bei Banken, Steuer- und Betreibungsämtern die Unterlagen zur finanziellen Situation des Verstorbenen einsehen. Es können allerdings Schulden vorhanden sein, die in diesen Unterlagen nicht auftauchen – zum Beispiel eine hohe Rechnung, die noch nicht beglichen wurde.

2. Öffentliches Inventar

Jeder Erbe kann innert eines Monats ein öffentliches Inventar verlangen. Im Inventar listet das zuständige Amt alle Vermögenswerte zum aktuellen Verkehrswert sowie alle Schulden auf. Zu diesem Zweck werden die Gläubiger des Verstorbenen im Amtsblatt oder in einer Tageszeitung aufgerufen, ihre Forderungen anzumelden – in der Regel innert einem Monat.

Merkblatt

Erbschaft – was nun?

Dieses Merkblatt erklärt, wie eine Erbteilung abläuft, und zeigt auf, wo es zu Konflikten zwischen den Erben kommen kann und wie man eine gütliche Lösung findet.

Nach Abschluss des Inventars müssen sich die Erben innerhalb eines Monats entscheiden, ob sie ihr Erbe ausschlagen, es vorbehaltlos oder nur im Rahmen des öffentlichen Inventars annehmen wollen. In letzterem Fall haften sie nur für Schulden, die im Inventar registriert sind, allerdings nicht nur in Höhe ihres Erbteils, sondern mit ihrem ganzen Vermögen.

Ein öffentliches Inventar kann mehrere hundert oder sogar tausend Franken kosten. Die Erben müssen die Kosten in der Regel im Voraus bezahlen. 

3. Amtliche Liquidation

Schlagen alle Erben und auch deren Nachkommen aus, wird die Hinterlassenschaft durch das Konkursamt liquidiert. Die Erben erhalten dann, was nach Abzug aller Schulden noch übrig bleibt, obwohl sie die Erbschaft ausgeschlagen haben.         

Achtung: Wer sich in eine Erbschaft einmischt, hat das Erbe automatisch angenommen, auch wenn er dies nicht ausdrücklich erklärt hat. Als Einmischung gilt zum Beispiel, wenn ein Erbe einzelne Vermögenswerte oder Gegenstände der verstorbenen Person an sich nimmt, bevor die Erbteilung abgeschlossen ist.

Stellt sich im Nachhinein heraus, dass die verstorbene Person überschuldet war, kann er das Erbe nicht mehr ausschlagen. Wer auch nur den leisesten Verdacht hat, das Erbe könnte überschuldet sein, sollte vorher genau abklären, was er tun darf und was nicht, damit er das Erbe später noch ausschlagen kann.