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Private Debt: Der Rendite-Traum, der Anleger teuer zu stehen kommt

Private Debt wird als neue Wunderwaffe der Geldanlage angepriesen – mit hohen Renditen und geringem Risiko. Was Anleger wirklich erwartet, zeigt ein genauer Blick hinter die Hochglanzfassade.

15. Mai 2025

Private Debt – oft auch Private Credit genannt - gilt derzeit als Liebling der Wall Street. Hohe Renditen, geringe Korrelation zu klassischen Anlageklassen und ein überschaubares Risiko – so lauten die zentralen Verkaufsargumente, mit denen institutionelle Investoren gelockt werden. Aber nicht nur die: Inzwischen richtet sich das Angebot zunehmend an vermögende Privatanleger – und in letzter Zeit sogar an den breiten Privatkundenmarkt.

Blackstone, einer der grossen Player im Segment, verbreitete 2023 eine klare Botschaft: «Wenn man 12 oder 13 Prozent mit vorrangigen, gesicherten Krediten verdient – ohne nennenswertes Ausfallrisiko – ist das die beste Art des Investierens», schwärmte Mitgründer Steve Schwarzman. Doch diese optimistische Sichtweise hält einer vertieften Analyse nicht stand.

Was ist Private Debt?

Private Debt – ehemals ein Nischenprodukt für institutionelle Investoren – hat sich in den letzten Jahren zu einer der am schnellsten wachsenden Anlageklassen weltweit entwickelt. Laut dem Analysehaus Preqin verwalten Private-Debt-Fonds mittlerweile ein Vermögen von über 2 Billionen US-Dollar. 

Nach der globalen Finanzkrise 2008 zogen sich viele Banken aus der Kreditvergabe an risikoreichere Unternehmen zurück – verschärfte Regulierung und höhere Eigenkapitalanforderungen machten das Geschäft unattraktiver. Alternative Risikoträger mussten von den Banken gefunden werden. Dazu zählen Pensionskassen, Family Offices und Versicherungen, die weniger reguliert sind. Dafür wurden eigens Produkte geschaffen. Neu ist allerdings, dass diese nun auch an Privatinvestoren vertrieben werden. 

Ein lukratives Geschäftsmodell – für die Anbieter

Mit Private Debt wird eine Menge Geld verdient – allerdings nicht von den Anlegern. Private-Debt-Fonds verlangen in der Regel 1,0 bis 1,5 Prozent Managementgebühr pro Jahr sowie eine Performance Fee von rund 15 bis 20 Prozent auf erzielte Gewinne. Diese Struktur ähnelt derjenigen von Hedgefonds – und ist im Vergleich zu klassischen Kreditfonds deutlich teurer.

Zwar erzielen manche Private-Debt-Fonds vor Gebühren respektable Bruttorenditen. Doch durch die hohen Kosten und das schwer vergleichbare Risiko sinkt der Nettoertrag für Investoren erheblich. Studien des Center for Economic Policy Research (CEPR) zeigen, dass Private Debt im historischen Vergleich oft keine signifikant bessere risikobereinigte Performance bietet als liquide Anleihen. 

Intransparenz als systemisches Problem

Ein zentrales Problem: Die private, illiquide Struktur dieser Anlageklasse sorgt für erhebliche Intransparenz. Im Gegensatz zu börsennotierten Anleihen existieren für Private-Debt-Produkte keine Marktpreise, keine täglichen Bewertungen, keine standardisierten Risikokennzahlen. Stattdessen müssen sich Anleger auf interne Bewertungsmodelle der Anbieter verlassen, aus denen die sogenannten Net Asset Values (NAV) abgeleitet werden – was Risikoeinschätzungen erschwert und unabhängige Performancevergleiche praktisch unmöglich macht.

Gerade in einem Marktabschwung kann dies zu Problemen führen. Da Private-Debt-Produkte bislang kaum in einer echten Rezession getestet wurden, bleibt unklar, wie robust sie in einem langanhaltenden Abschwung tatsächlich sind. Die letzte grosse globale Rezession liegt 16 Jahre zurück – viele Fonds wurden seither aufgelegt, ohne je ein echtes Stressszenario durchlaufen zu haben.

Zur Erinnerung: Vor rund 20 Jahren lobte der damalige US-Notenbankchef Alan Greenspan eine neue Produktkategorie, die von Finanzinstituten mit Nachdruck beworben wurde: Mortgage-Backed Securities (MBS). Diese Wertpapiere galten als sicher, aber lukrativ und – so Greenspans Einschätzung – sogar als stabilisierendes Element für die Finanzmärkte. Doch nur wenig später entpuppten sich ausgerechnet diese Produkte als Brandbeschleuniger der globalen Finanzkrise.

Zinswende: Neue Realität, neue Risiken

Hinzu kommt ein verändertes makroökonomisches Umfeld: Die Phase historisch niedriger Zinsen, die das Wachstum von Private Debt begünstigte, ist vorbei. Höhere Finanzierungskosten belasten die Gewinnmargen der kreditnehmenden Unternehmen – und könnten zu steigenden Ausfällen führen.

Gleichzeitig sinkt die Kreditqualität vieler Emittenten. Studien der Europäischen Zentralbank zeigen, dass Covenants – vertragliche Schutzmechanismen – in vielen Verträgen zunehmend schwächer ausfallen. Fondsmanager argumentieren, sie könnten Risiken durch ihre Expertise kompensieren. Doch angesichts fehlender standardisierter Berichte bleibt diese Behauptung schwer überprüfbar.

Was heisst das für Privatanleger

Private-Debt-Investoren tragen aktienähnliche Risiken, erhalten aber in der Regel nur die Renditen von Obligationen. Die wahren Gewinner? Die Emittenten und Fondsmanager. Sie vereinnahmen einen Grossteil der Erträge – nicht die Investoren. Hohe Gebühren und Margen erklären ausserdem, warum manche Finanzunternehmen Private-Debt-Produkte aggressiv bewerben, selbst wenn der tatsächliche Bedarf bei Kunden fraglich ist.

Zusammengefasst: Private Debt ist teuer und intransparent – eine Black Box mit unklarem Verhalten in Krisenzeiten. Solche komplexen Konstrukte haben in privaten Portfolios nichts verloren. Wer als Privatperson eine sinnvolle Risikostreuung anstrebt, erreicht dies mit klassischen Aktien- und Anleiheportfolios deutlich einfacher, günstiger und effizienter. Für die meisten Privatanleger sind Private-Debt-Produkte daher – selbst abgesehen von ihren Nachteilen – vor allem eines: überflüssig.