VZ Analyse
Wenn im Finanzsektor vom Basiskonsumsektor gesprochen wird, fällt darunter unter anderem der Nahrungsmittelbereich. Neben dem Giganten Nestlé gibt es auch kleinere, interessante Titel.
18. Aug. 2025
Beschreibung
Wenn in der Schweiz von Aktien aus dem Basiskonsumsektor die Rede ist, erhält oftmals Nestlé die grösste Aufmerksamkeit. Der heimische Aktienmarkt hat in diesem Bereich aber auch anderes zu bieten. Nach schwieriger Vergangenheit mausert sich mit Aryzta ein weniger bekanntes Unternehmen zum Liebling. Aber auch Bell und Emmi können punkten.
Aryzta hat die Krise bewältigt
Nach etlichen Krisenjahren treibt Aryzta die Neuausrichtung erfolgreich voran. Bei der Restrukturierung stehen vor allem die Erhöhung der Bilanzqualität und die Verbesserung der Profitabilität im Fokus. Die Verschuldungsquote nähert sich einem Niveau, das wieder attraktive Refinanzierungsmöglichkeiten eröffnet. Gleichzeitig sorgt der positive Cashflow dafür, dass weitere Hybridanleihen zurückgezahlt werden können. Dadurch wird die Verbesserung der Kapitalstruktur sichergestellt, womit langfristig die Zinskosten gesenkt werden können. Auch die Effizienzmassnahmen und strikte Kostendisziplin entfalten zunehmend ihre Wirkung.
Während die finanzielle Gesundung stetig voranschreitet, gewinnt Aryzta kontinuierlich Marktanteile hinzu und ist mittlerweile in Europa Marktführer im Bake-off-Segment. Aryzta konnte im ersten Halbjahr den Umsatz um 3 Prozent gegenüber dem Vorjahr ausweiten. Organisch ist das Unternehmen solide 2,8 Prozent gewachsen, wobei die positive Volumenentwicklung rund 2,1 Prozent ausmachte. Im zweiten Quartal stieg das organische Wachstum sogar um 4 Prozent, was auf neue Produktionskapazitäten, Innovationen und eine Erholung im Segment „Rest of World“ zurückzuführen ist.
Innovationsstärke bleibt ein zentrales Thema, wobei rund 18 Prozent des Umsatzes aus neuen Produkten stammen. Dies ist auch notwendig, denn die Backwarenbranche befindet sich in einem Spannungsfeld zwischen Kosteninflation und veränderten Konsumgewohnheiten. Die anhaltende Preisvolatilität bei Rohstoffen wie Butter, Eier oder Kakao sorgt für Margendruck. Gleichzeitig verlangen die Konsumentinnen und Konsumenten nach preislich attraktiven, aber qualitativ hochwertigen Backwaren. Das Wachstumspotenzial akzentuiert sich besonders in der Gastronomie und dem Foodservice-Bereich, da diese Kanäle verstärkt auf effiziente Zubereitung und verlässliche Qualität setzen. Dieser Trend fördert margenstarke Nischen, in denen Aryzta als Innovationsführer punkten kann.
Auf der Profitabilitätsseite zeigt sich im ersten Halbjahr 2025 ein gemischtes Bild. Der EBITDA legte leicht um 0,5 Prozent auf 150,5 Millionen Euro zu, während die Marge auf 13,9 Prozent sank. Belastungen resultierten vor allem aus verzögerten Vertragsabschlüssen sowie hohen Rohstoff- sowie Personalkosten. Für den Zeitraum bis 2028 plant das Unternehmen, die Marge auf über 15 Prozent zu steigern. Die Verschuldung soll bis dahin auf 1,5 bis 2,0x EBITDA sinken. Besonders erfreulich ist, dass das Unternehmen zusätzlich wieder Kapital an die Aktionäre zurückführen möchte.
Aus Investorensicht geht Aryzta seit der erfolgreichen Restrukturierung auf wie ein Brötchen im Backofen. In knapp drei Jahren hat sich der Aktienkurs praktisch verdoppelt. Das Unternehmen kombiniert eine solide Marktstellung, strukturelle Wachstumschancen und eine klare Finanzstrategie. Kurzfristig bestehen Risiken durch volatile Rohstoffpreise und die Konsumzurückhaltung, doch mittelfristig sprechen steigende Margen, hohe Innovationskraft und eine robuste Cashflow-Generierung für das Unternehmen. Für langfristig orientierte Anlegerinnen und Anleger, die auf ein dynamisches, aber defensives Geschäftsmodell mit Potenzial für steigende Ausschüttungen setzen, bleibt die Aktie attraktiv.
Bell stabil, aber ohne Glanz
Weit weniger dynamisch verhält sich der Aktienkurs von Bell, welcher seit Jahren in einer gewissen Bandbreite seitwärts tendiert. Bell gehört zu den führenden europäischen Herstellern von Fleisch- und Convenience-Produkten und ist Marktführer in der Schweiz. Grossaktionär und wichtigster Kunde ist Coop, was beim Unternehmen für operative Stabilität sorgt.
Die verhaltene Aktienkursentwicklung von Bell unterstreicht ein hart umkämpftes Marktumfeld. 2024 betrug das organische Wachstum zwar 5,7 Prozent und der EBIT legte um 1,3 Prozent zu. Die moderate EBIT-Marge von 3,5 Prozent verdeutlicht aber, wie tiefmargig das Business von Bell ist. Der Schweizer Fleischmarkt ist stark in den Händen von Bell. Die grössere Dynamik liegt daher klar im Ausland und den stark wachsenden sowie margeninteressanteren Segmenten wie Convenience und Veggie.
Trotz Margendruck ist es Bell im ersten Halbjahr gelungen, den Umsatz und Gewinn leicht zu steigern. Der Nettoerlös stieg um 3,7 Prozent auf 2,4 Milliarden Franken. Auch der EBIT konnte um 3,6 Prozent gesteigert werden, was in einer stabilen Marge von 2,8 Prozent resultierte. Obwohl der Wettbewerb gross und der Druck auf die Preise hoch ist, dürfte Bell dank breitem Sortiment und starker Marktpositionierung auch für das zweite Halbjahr gut gerüstet sein.
Grundsätzlich gilt Bell als defensiver und solider Investment Case. Das Unternehmen überzeugt durch eine wiederkehrende und stabile Cashflow-Entwicklung und hat seine Verschuldung unter Kontrolle. Darüber hinaus ist das Unternehmen nicht von den politischen Themen rund um die US-Zölle tangiert. Dennoch wecken die Zukunftsaussichten wenig Kursfantasien. Die Aktie dürfte daher nur in schwachen Marktphasen ein Outperformer sein.
Emmi mit Potenzial
Unterschiedlicher präsentiert sich die Ausgangslage für den grössten Milchverarbeiter der Schweiz. Auch Emmi wächst vornehmlich im Ausland, was mittlerweile mehr als die Hälfte des Umsatzes ausmacht. Die USA ist dabei ein grosser Exportmarkt. Die Preissensitivität der Konsumenten scheint aber insbesondere bei Spezialitäten wie Café Latte oder Käses klein zu sein. Emmi versteht es, in margenstarken Nischenmärkten tätig zu sein und erzielt deshalb auch eine wesentlich höhere Marge als beispielsweise Bell.
Emmi konnte die Profitabilität in den vergangenen Jahren konstant verbessern. Im vergangenen Geschäftsjahr wies Emmi auf Stufe EBIT eine Marge von 7,3 Prozent aus. Das Auslandgeschäft führt zwar zu Profitabilitätssteigerung, aber das Wachstum bleibt bescheiden. 2024 betrug das organische Wachstum moderate 2,4 Prozent, was allerdings über der eigenen Zielsetzung gelegen hat. Der Investment Case basiert denn auch mehr auf der konstanten Margenverbesserung als auf den Wachstumsfantasien.
Das durchschnittliche Kursziel der Analysten liegt bei über 900 Franken, was einem Potenzial von rund 25 Prozent entspricht. Emmi punktet mit einer stabilen Dividendenpolitik, nachhaltiger Wertschöpfung und überzeugt als solider defensiver Wert mit langfristigen Upsidemöglichkeiten.
Das Halbjahresergebnis wird Emmi am 20. August 2025 vorlegen. Allzu viel neue Fantasien dürfte dies zwar nicht wecken, aber auch in kleinen Schritten kann etwas Grösseres entstehen.
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