VZ Analyse

ABB schärft das Profil

Mit der Abspaltung der Robotics-Division unternimmt ABB einen weiteren Schritt in ihrer strategischen Ausrichtung und wird dadurch profitabler.

23. Juni 2025

Im April hat ABB bekkanntgegeben, die Division Robotics abzuspalten. Unter Vorbehalt der Zustimmung der Aktionäre soll dies im zweiten Quartal 2026 abgeschlossen werden. Dieser Entscheid ist ein weiterer Meilenstein in der strategischen Neuausrichtung des Konzerns, die seit 2020 Fahrt aufgenommen hat. ABB fokussiert sich zunehmend auf seine profitabelsten Geschäftsbereiche wie Elektrifizierung, Antriebstechnik und Industrieautomation.

Die geplante Abspaltung ist nicht als strategischer Rückzug aus dem Robotik-Geschäft zu verstehen. Die Sparte hat mittlerweile genügend Reife, um sich technologisch und wirtschaftlich eigenständig zu etablieren. Da die Synergien zwischen Robotics und den übrigen ABB-Sparten zunehmend begrenzt sind, wird dank dem Spin-offs das Potenzial zukünftig besser zur Geltung kommen. Gleichzeitig wird die strategische Ausrichtung des Konzerns weiter geschärft. Mit nunmehr drei Hauptdivisionen wird die künftige Struktur von ABB klarer und fokussierter.

Ein Blick auf ABB Robotics

Die Robotics-Division beschäftigt rund 7’000 Mitarbeitende und erzielte 2024 einen Umsatz von 2,3 Milliarden US-Dollar, was etwa 7 Prozent des Konzernumsatzes entspricht. Die Produktionsstandorte befinden sich in Schweden, China und den USA. Die Division gehört zu den technologisch fortschrittlichsten Bereichen innerhalb von ABB und findet bei Industrieroboter, kollaborative Roboter, autonome mobile Roboter (AMR) sowie Softwareplattformen Anwendung. Damit werden Branchen mit starkem digitalem Wandel wie Automobilindustrie, Logistik, Elektronik und das Gesundheitswesen bedient.

Die operative Marge von rund 12 Prozent liegt unter dem Konzerndurchschnitt. Die Division ist konjunkturabhängig und von stärkerem Wettbewerbsdruck umgeben. Mit der Selbständigkeit dürfte die Profitabilität jedoch tendenziell steigen. Die zunehmende Bedeutung von Künstlicher Intelligenz und Digitalisierung verdeutlichen den Wandel hin zu intelligenten, wertschöpfenden Lösungen. Der globale Markt für Industrierobotik wächst jährlich mit etwa 10 Prozent, während der Bereich Automatisierungssoftware Wachstumsraten von über 20 Prozent aufweist. ABB Robotics ist global gut positioniert und profitiert von einer «local-for-local»-Strategie. Insbesondere in den USA werden 75 bis 80 Prozent der verkauften Produkte vor Ort produziert.

Spin-off mit Aktienabgeltung

Die bestehenden ABB-Aktionäre werden durch eine Ausschüttung von Aktien der selbständigen Robotics-Einheit abgegolten – ähnlich einer Sachdividende. Als Börsenplatz stehen die Schweiz und Schweden zur Diskussion. ABB wird voraussichtlich zunächst eine Minderheitsbeteiligung behalten, um den Übergang zu begleiten. Die Transaktion folgt einer gezielten Value-Creation-Strategie: Robotics soll mit eigener Governance, Investitionsautonomie und transparenter Finanzstruktur ausgestattet werden.

Die Abspaltung zielt für den übrigbleibenden ABB-Konzern auf die Verbesserung bestimmter Konzernkennzahlen, insbesondere der EBITDA-Marge. Trotz der grossen Bedeutung hat Robotics in den vergangenen Jahren die konsolidierten Ergebnisse belastet, hauptsächlich aufgrund der niedrigeren Profitabilität und der Volatilität in der Automobilindustrie. Wie bereits bei der erfolgreichen Börsennotierung von Accelleron im Jahr 2022 zeigt sich auch hier die Managementausrichtung auf Qualität der Erträge statt Fokus auf reine Umsatzgröße.

Der Ausblick von ABB

Die Abspaltung von Robotics folgt einem Branchentrend und der strategischen Logik von ABB: Aktivitäten mit hohem Potenzial, aber geringen Synergien werden ausgegliedert. Der Markt hat diesen Schritt positiv aufgenommen und sieht darin eine Verbesserung der Transparenz und einer effizienteren Kapitalallokation. In einem Umfeld, das von Megatrends wie Elektrifizierung, Automatisierung und industrieller KI geprägt ist, positioniert sich ABB als Anbieter kritischer Infrastruktur, während Robotics zu einem fokussierten Technologietitel wird.

ABB profitiert von der wachsenden Nachfrage im Bereich Stromversorgung, insbesondere durch Rechenzentren. Diese machten 2024 rund 12 Prozent der Auftragseingänge aus – mit einem durchschnittlichen Wachstum von 25 Prozent über fünf Jahre. ABB geht davon aus, dass der Strombedarf von Rechenzentren bis 2030 jährlich um 11 Prozent steigen wird, was die Nachfrage nach Elektrifizierungslösungen antreibt.

Für Investoren eröffnet sich durch die Abspaltung eine doppelte Chance: ABB zeigt sich in der neuen Struktur fokussierter, mit konstant verbesserten operativen Fundamentaldaten, einer aktiven Kapitalrückführungspolitik (Dividenden, Aktienrückkäufe) und höherer Profitabilität. Robotics wiederum dürfte für wachstumsorientierte Technologieinvestoren attraktiv sein – insbesondere im Hinblick auf smarte Automatisierung, eingebettete Software und industrielle KI.