Bayer: Gelingt das Comeback des Jahrzehnts im DAX?

VZ Chartanalyse

Nach fast 90 Prozent Kursverlust springt Bayer dank US-Rückenwind und Pipeline-Revival um 13 Prozent nach oben. Doch entscheidet sich jetzt, ob das der Start eines Turnarounds ist – oder nur eine kurze Erholung.

Published on 3. Dec 2025 by Andreas Paciorek

Author

Andreas Paciorek

Position Anlageexperte

Description

Bayer kämpft seit Jahren mit den Folgen der Monsanto-Übernahme – über 67'000 Glyphosat-Klagen, mehr als 10 Milliarden Dollar an Vergleichen und ein Schuldenberg, der das einstige Aushängeschild der deutschen Industrie fast erdrückte. Die Aktie verlor vom Allzeithoch 2015 bei 146 Euro bis zu ihrem Tiefpunkt über 85 Prozent. Doch unter der Oberfläche blieb das operative Geschäft solide, getragen von Pharma, Agrarchemie und Consumer Health. Seit 2023 treibt CEO Bill Anderson einen radikalen Sanierungskurs voran: Kosten raus, Komplexität runter, Cashflow rauf. 

Vom Absturz zur Bodenbildung 

2024 stabilisierte sich die Aktie erstmals wieder – die Zone von 18-19 Euro markierte den Boden. Zugleich begann sich das operative Bild aufzuhellen. Starke Präparate wie Nubeqa und Kerendia sorgten 2025 für ein überraschend robustes Ergebnis, trotz hoher Rückstellungen für US-Rechtsstreitigkeiten. Die Story wirkte plötzlich wieder kohärent – und das Sentiment drehte langsam ins Positive. 

Wendepunkt bei Glyphosat – und ein Pharma-Comeback 

Zu Beginn dieser Woche folgte der entscheidende Befreiungsschlag: Der US Solicitor General (oberster Anwalt der US-Regierung) unterstützt Bayers Antrag auf ein höchstrichterliches Grundsatzurteil zu Glyphosat. Kommt 2026 eine Entscheidung des Supreme Court zugunsten des Konzerns, könnten zehntausende Klagen entfallen – ein Gamechanger. Die Aktie reagierte heute Dienstag prompt mit einem zweistelligen Kurssprung auf rund 35 Euro, das höchste Niveau seit Anfang 2024. 

Fast gleichzeitig kam ein Hoffnungsträger zurück, den viele bereits abgeschrieben hatten: Asundexian, ein potenzieller Blockbuster zur Schlaganfall-Prävention, lieferte in einer Phase-III-Studie deutlich bessere Daten als erwartet – wirksam, ohne erhöhte Blutungsrisiken. Bayer hatte dem Mittel einst über 5 Milliarden Euro Umsatzpotenzial zugetraut. Nun steht die Tür wieder offen. 

Analysten: Vorsichtig optimistisch – und erstmals seit Jahren hinter dem Kurs zurück 

Auch bei Analysten zeigt sich ein Stimmungswechsel. Goldman Sachs und Bank of America bleiben klar positiv mit Kaufempfehlungen (Ziel von 35 und 38 Euro), während JP Morgan neutral bleibt und vieles bereits im Kurs eingepreist sieht. Auffällig: Unter 24 Analysten bei Bloomberg empfiehlt keiner den Verkauf.

Interessant ist der Vergleich von 12-Monats-Kurszielen und realer Kursentwicklung: 

Über Jahre liefen Analysten dem Kursverfall hinterher – die Ziele wurden systematisch zu spät gesenkt. Seit Mitte 2025 steigt das durchschnittliche Kursziel zwar wieder, doch der jüngste Marktsprung hat diese Erwartungen nun erstmals überholt. Ein Muster, das sich auch auf der Oberseite wiederholen könnte, falls der Turnaround trägt. 

Charttechnik: Breite Trendwendeformation sendet klares Signal 

In den kurzfristigeren Zeitrahmen seit 2022 hereingezoomt, zeigt sich, wie sich mit dem Fall unter die Marke von 48,50 Euro im September 2023 das bärische Chartdrama bei Bayer noch verschärfte. Unter hohen Umsätzen folgte der Abverkauf der einstigen deutschen Industrieikone, mit dem Tiefpunkt knapp unter 19 Euro und einer Marktkapitalisierung von nur noch rund 19 Milliarden Euro. Hier hatte die Abwärtsspirale allerdings auch ihren Tiefpunkt und bildete über fast zwei Jahre hinweg eine breite inverse Schulter-Kopf-Schulter-Formation (SKS). 

Das potenzielle Kursziel aus dieser Formation könnte man in die Zone um 41 Euro projizieren, vom aktuellen Kursniveau wären das noch über 23 Prozent. Bestätigung erhält das bullische Setup durch das hohe Volumen, das mit dem Kurssprung einherging und einer bereits seit dem Sommer wieder steigenden 200-Tage-Linie. 

Darüber hinaus wären in einem zweiten Schritt die 48,50 Euro sowie die seit Jahren fallende Abwärtstrendlinie die nächsten signifikanten Kursmarken für bullische Anleger. 

Risikosignale

Ein Rückfall und bestätigender Test der Nackenlinie um 30 Euro wäre normal und würde gleichzeitig das Ausbruchs-Gap schliessen. Kursrücksetzer unter 26 Euro, insbesondere aber unter 24,80 Euro, würden die inverse SKS negieren und das Szenario eines nachhaltigen Turnarounds infrage stellen. Kurzfristige Anleger, die lediglich das bullische Chartmuster handeln möchten, könnten hier die Reissleine ziehen.

Disclaimer: Alle Angaben ohne Gewähr. Bei den aufgezeigten Informationen handelt es sich um Werbung gemäss Art. 68 FIDLEG.