Pensionierung
Journalismus erweitert den Horizont
TV-Moderator Reto Lipp gehört zu den profiliertesten Wirtschaftsjournalisten der Schweiz. Ein Gespräch über wirtschaftliche Zusammenhänge, verlässliche Informationen – und seine Pensionierung.
Herr Lipp, Sie gehen Ende Jahr in Pension. Fällt Ihnen dieser Schritt schwer?
Ich habe gemischte Gefühle. Zwar freue ich mich auf die neue Freiheit, aber was ich mache, ist mehr als nur ein Job. Seit über 40 Jahren beschäftige ich mich mit Wirtschaft und Börsen, und dieses Interesse ist ungebrochen. Im Alltag hat praktisch alles mit Wirtschaft zu tun. Darum finde ich zum Beispiel die Frage spannend, warum wir hartnäckig am Rentenalter von 65 Jahren festhalten.
Haben Sie eine Antwort?
Tatsache ist: Wir werden immer älter, die Renten schrumpfen, müssen aber länger reichen. Die Rechnung für das Festhalten am tiefen Rentenalter zahlt die jüngere Generation. In vielen europäischen Ländern sind 67 oder 70 kein Tabu mehr. Davon sind wir in der Schweiz weit entfernt. Vielleicht geht es uns einfach zu gut? (lacht)
Werden die Herausforderungen in der Altersvorsorge unterschätzt?
Ich denke ja – gleichzeitig überschätzen viele ihr Finanzwissen. Gerade bei der Vorsorge und bei Geldanlagen sehe ich grosse Wissenslücken. Hier ist auch der Journalismus in der Pflicht.
Wie können Journalistinnen und Journalisten helfen?
Indem sie ökonomische Mechanismen verständlich erklären. Wie schon bei ECO investieren wir auch im ECO Talk viel Zeit in anschauliche Infografiken und nachvollziehbare Berechnungen – so ähnlich, wie Sie es in den "vz news" machen. Viele Zuschauerinnen und Zuschauer sind enorm dankbar, wenn ihnen jemand komplexe Themen einfach erklärt, damit sie den Durchblick haben. Das ist wichtiger denn je.
Was erschwert den Durchblick?
Die Digitalisierung verstärkt die Informationsflut massiv. Die Menge verfügbarer Inhalte ist regelrecht explodiert. Viele Menschen fühlen sich überfordert, weil es immer schwieriger wird, Relevantes von Belanglosem zu unterscheiden. Wer sich eine fundierte Meinung bilden möchte, sollte möglichst viele Zeitungen lesen – auch ausländische.
Was spricht heute noch für Journalismus?
Journalistinnen und Journalisten treffen eine Vorauswahl, ordnen Themen ein und trennen die Spreu vom Weizen. Journalismus schafft Öffentlichkeit und damit Transparenz. In der Wirtschaft beugt Transparenz Betrug und Korruption vor und trägt zu besseren Ergebnissen bei. Nicht zuletzt erfährt man aus einer Zeitung Dinge, die man nicht gesucht hätte. Guter Journalismus erweitert also den Horizont. Das ist wertvoller als zielloses Surfen im Netz oder in sozialen Medien, wo ein Wildwuchs herrscht. Dort findet man oft nur das, was man schon kennt, und bleibt in der eigenen Blase gefangen.
Wie lange gibt es noch gedruckte Zeitungen?
Hoffentlich noch lange. Ich bin ein Fan: Papier ist sinnlich und entschleunigt – und man lernt mehr. Studien zeigen, dass wir gedruckte Inhalte besser im Kopf behalten als digitale.
Zur PersonReto Lipp (65) studierte Wirtschaftswissenschaften in Zürich. Seine Medienkarriere begann er bei Radio Z. Es folgten Stationen bei der Handelszeitung sowie als Chefredaktor von Stocks. Ab 2007 prägte er als Moderator das SRF-Wirtschaftsmagazin ECO, später auch SRF Börse und ECO Talk. Für seine fundierten Berichte wurde er mehrfach ausgezeichnet. |
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