Geldanlagen

Konjunkturaussichten verbessern sich

Wie entwickelt sich die Zinslandschaft? Was sind die Treiber an den Aktien- und Anleihemärkten? Wie sieht es bei anderen Anlageklassen aus? Eine Einschätzung von VZ-Anlagechef Christoph Sax.

Christoph Sax

Chief Investment Officer
Publiziert am
12. April 2023

1. Lagebeurteilung: Beruhigung im Bankensektor nach CS-Rettung

Der März war geprägt von zwischenzeitlichen Turbulenzen bei den Banken. Zuerst kamen US-Banken in Schieflage, welche zu hohe Risken bei der Fristentransformation eingegangen sind. Mit der Credit Suisse geriet anschliessend auch eine Schweizer Grossbank in den Abwärtsstrudel. Seit der Übernahme der Credit Suisse durch die UBS hat sich die Lage jedoch beruhigt. Die Stimmung an den Aktienmärkten hat sich deutlich verbessert, so dass die Indizes in den USA, der Eurozone und der Schweiz in der zweiten Märzhälfte Boden gutmachen konnten.

Brandherde werden gelöscht

Es ist nicht auszuschliessen, dass in den USA einzelne weitere Banken in Schieflage geraten. Im Fokus stehen jene Institute, deren Bilanzen besonders empfindlich auf den starken Anstieg des Zinsniveaus reagieren. Ein Flächenbrand ist indessen nicht zu erwarten. In Europa haben die Banken ihre Kapitalbasis nach der Finanzkrise gestärkt. Die meisten haben ein gutes Risikomanagement und hohe Liquiditätsreserven. Die Marktturbulenzen rund um den Kollaps der Silicon Valley Bank und der CS haben zudem gezeigt, dass die Staaten und Regulierungsbehörden entschlossen eingreifen und die aufkeimenden Brandherde löschen.

Dienstleister im Aufschwung

Die Konjunktur entwickelt sich nach wie vor solide. Der Dienstleistungssektor hat in den meisten etablierten Volkswirtschaften an Fahrt gewonnen. Vor allem das Freizeit- und Tourismusgewerbe und weitere konsumnahe Bereiche sind gut ausgelastet. In der Industrie ist die Stimmung indessen verhaltener: Die Auftragsbücher sind nicht mehr so gut gefüllt wie noch im Vorjahr. Der befürchtete wirtschaftliche Einbruch über den Winter in Europa ist jedoch ausgeblieben. So dürfte die Wirtschaft in der Eurozone im ersten Quartal nur leicht geschrumpft sein, bestenfalls expandierte sie sogar leicht.

Keine tiefe Rezession in Sicht

Die Konjunkturaussichten haben sich insgesamt etwas verbessert. Eine Rezession ist aber vor allem für die Eurozone und die USA noch nicht gänzlich vom Tisch, weil die geldpolitische Straffung ihre volle Wirkung erst noch entfalten wird – spätestens dann, wenn die Haushalte und Unternehmen ihre Kredite zu höheren Zinsen refinanzieren müssen. Die zwischenzeitlichen Turbulenzen im Bankensektor könnten die geldpolitische Straffung verstärken, weil Banken bei der Kreditvergabe künftig wohl etwas vorsichtiger agieren. Eine Rezession dürfte aber – wenn sie denn kommt – nur mild ausfallen.

Für die Schweiz sind die Perspektiven noch etwas besser, vor allem weil die Inflation niedriger ist und das Budget der Haushalte weniger stark belastet. Im Exportgeschäft hilft die anziehende Nachfrage aus Asien die Schwäche in anderen Absatzmärkten aufzufangen.

Fazit

  • Die Turbulenzen im Finanzsektor haben sich nach der Rettung der Credit Suisse wieder gelegt.
  • Die Konjunkturaussichten bleiben grundsätzlich verhalten. Die Stimmung der Dienstleister hat sich aufgehellt. Ökonomen zeigen sich zuversichtlicher für die kommenden Monate.

2. Aktien: Trotz Bankenturbulenzen ein positives erstes Quartal

Die Angst vor einer weiteren Finanzkrise war nur von kurzer Dauer. Die Erkenntnis, dass die Silicon Valley Bank in den USA ein Sonderfall war, sowie das schnelle Eingreifen der Schweizer Behörden im Fall der CS beruhigten die Aktienmärkte. So erholten sich die Kurse schnell von den Rückschlägen. Seit Ende Februar sind auch die Unterschiede zwischen den Aktienregionen vergleichsweise tief. Die Renditen der globalen Aktienindizes bewegten sich in einer engen Bandbreite. Auffälliger waren hingegen die Unterschiede zwischen den Sektoren und bei klein- gegenüber grosskapitalisierten Unternehmen.

Renditezahlen in CHF gerechnet

Qualität ist stark gefragt

Die Small Caps waren in den letzten Wochen deutlich schwächer als die Large Caps. Diese Divergenz ist insbesondere auf die äusserst positive Entwicklung bei den Megacaps zurückzuführen. Unternehmen wie Apple, Microsoft und Nvidia (IT), Meta und Alphabet (Kommunikation) und Amazon (zyklischer Konsum) gehören allesamt zu den zehn grössten Unternehmen im MSCI World.

Mit einer Performance zwischen 10 bis 25 Prozent seit Ende Februar trugen sie den Gesamtindex stark. Das lässt darauf schliessen, dass Anleger in der unsicheren Phase diese Unternehmen als sichere Häfen angesehen haben. Die gesunkenen langfristigen Zinsen haben diesen Unternehmen zusätzlich Auftrieb verliehen. So waren auch die Unterschiede zwischen den Sektoren sehr gross. Während die beiden Sektoren Kommunikation und IT zulegen konnten, gaben Finanzwerte in der Breite nach. 

Dieser Effekt war auch in der Schweiz zu beobachten, wenn auch weniger stark. Die drei Schwergewichte Nestlé, Novartis und Roche schlugen allgesamt den Gesamtindex SPI. Insbesondere Novartis stach mit einem Plus von rund 12 Prozent heraus. Anders als im Ausland konnten sich die kleineren Unternehmen jedoch behaupten.

UBS übernimmt taumelnde CS

Die Verunsicherung bezüglich der Stabilität des Bankensektors erreichte nach dem Kollaps der Silicon Valley Bank auch Europa. Aktien von Finanzwerten, insbesondere Bankentitel, verloren stark an Wert. Im Mittelpunkt stand dabei die Credit Suisse. Sie wurde nach den negativen Schlagzeilen in den letzten Monaten stark abgestraft. Die Kapitalabflüsse verstärkten sich. Trotz der zugesicherten Liquidität der SNB wurde der Druck auf die CS immer grösser. Letztlich wurde die CS von der UBS übernommen, wobei der Bund und die SNB Liquidität und Garantien gewährten.

Fazit

  • Im März gab es grosse Renditeunterschiede zwischen Sektoren als auch zwischen Small und Large Caps.
  • Die Übernahme der CS dominierte die Schlagzeilen in der Schweiz.
  • Die Aktienmärkte schlossen das erste Quartal 2023 dennoch überwiegend im positiven Bereich ab.

3. Zinsen: Teuerungsdruck führt zu weiterer Straffung der Geldpolitik

Der Aufwärtstrend bei den Zinsen kam Mitte März zu einem abrupten Ende, nachdem in den USA die Silicon Valley Bank in Turbulenzen geriet und einige Tage später in der Schweiz die Credit Suisse von der UBS übernommen wurde. Obligationen von Schuldnern mit guter Bonität waren plötzlich wieder gefragt und die langfristigen Zinsen sanken in allen Regionen. Im Laufe des Märzes und zu Beginn des Aprils stabilisierten sich die Zinsmärkte, die Volatilität nahm wieder ab und die Anlegerstimmung hellte sich auf.

Die Währungshüter zeigten sich unbeeindruckt vom Rückgang der langfristigen Zinsen und setzten ihre Leitzinserhöhungen ungeachtet der Bankenturbulenzen fort. Sie sahen die Stabilität des Bankensystem nicht gefährdet und priorisierten die Inflationsbekämpfung. Anfang April stimmte die rückläufige Inflation die Anleger positiv, dass der Zinserhöhungszyklus ein baldiges Ende finden dürfte.

Fed priorisiert Preisstabilität

Trotz der Bankeninsolvenzen hat die US-Notenbank (Fed) den Leitzins im März um weitere 0,25 Prozentpunkte angehoben. Das Leitzins-Band des Fed liegt damit bei 4,75 bis 5,0 Prozent. Der Zinshöhepunkt wird von den Marktteilnehmern weiterhin bei rund 5.1 Prozent in diesem Jahr erwartet, was auf nur einen weiteren Zinsschritt von 25 Basispunkten hindeutet. Bereits für die zweite Jahreshälfte werden jedoch erste Leitzinssenkungen eingepreist.

Gespaltener EZB-Rat

Die Europäische Zentralbank (EZB) erhöhte den Leitzins im März erneut um 0,5 Prozentpunkte. Der Einlagensatz liegt inzwischen bei 3 Prozent. Der EZB-Rat ist sich nicht ganz einig, wie weit die Zinsen in die Eurozone noch angehoben werden müssen. Die aktualisierten Prognosen der Währungshüter deuten aber auf eine erhöhte Inflation bis 2025 hin. Somit werden weitere Zinsschritte nötig, um das Inflationsziel von 2 Prozent zu erreichen.

SNB gibt sich unbeeindruckt

Wenige Tage nach der Rettung der Credit Suisse hat die Schweizerische Nationalbank (SNB) den Leitzins um einen halben Prozentpunkt auf 1,5 Prozent erhöht. Anlass für den Zins-schritt war der Teuerungsdruck, der zu Beginn des Jahres wieder zugenommen hat. Gemäss der jüngsten SNB-Prognose wird die Inflation erst im zweiten Quartal 2024 wieder unter das langfristige Ziel von 2 Prozent sinken. Weitere Zinserhöhungen seien deshalb nicht auszuschliessen, wie die SNB in ihrer Lagebeurteilung mitteilte.

Fazit

  • Der beschleunigte Rückgang der Inflation schürt Hoffnungen auf ein baldiges Ende der Leitzinserhöhungen.
  • Die Zinsvolatilität dürfte kurzfristig hoch bleiben, mittelfristig ist mit stabilen oder sinkenden Zinsen zu rechnen.

4. Weitere Anlageklassen: Alternative Anlagen trotzen der volatilen Marktphase

Gold über 2'000 Dollar

Tiefere Zinsen aber auch ein schwächerer US-Dollar führten im März beim Goldpreis zu einem Kurssprung. Mit einem Anstieg um mehr als zehn Prozent bewegte sich der Goldpreis erstmals seit zwölf Monaten wieder über die Marke von 2'000 US-Dollar. 

Ölpreis unter Druck

Der Ölpreis verlor aufgrund der Marktturbulenzen Anfang März stark an Wert. Nach einer kurzen Erholung sorgte aber vor allem die OPEC+ für einen weiteren Anstieg. Sie kürzte die Förderquote, um den Ölpreis zu stabilisieren. Die beiden Öl-Sorten Brent und WTI reagierten mit starken Kursgewinnen auf diese Ankündigung und stehen aktuell bei 85 bzw. 81 US-Dollar pro Barrel.

Cat Bonds: Risikoprämien stagnieren auf hohem Niveau

Katastrophenanleihen weisen seit Jahresbeginn eine positive Performance aus. Dies ist auf zwei Entwicklungen zurückzuführen: Die nach dem Hurrikan Ian im Vorjahr stark gestiegenen Versicherungsprämien stabilisierten sich, obwohl es Anfang Februar zu einem schweren Erdbeben in der Türkei und Mitte Februar zu starken Überschwemmungen in Neuseeland kam. So profitierten Anleger von den höheren Verfallsrenditen in diesem Anleihesegment, während es gleichzeitig zu keinen wesentlichen neuen Schadensereignissen kam. Hinzu kamen Einmaleffekte: Die befürchteten Kosten in Zusammenhang mit Hurrikan Ian werden wohl tiefer ausfallen als anfänglich angenommen.