Grundlagen der regelbasierten Geldanlage
Viele Anleger lassen sich bei ihren Anlageentscheiden von ihren Gefühlen leiten. Wer festen Regeln statt Emotionen folgt, kann sich vor irrationalen Entscheidungen schützen.

Sven Pfammatter
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Wenn Investoren Geld anlegen, versuchen sie in der Regel, die Entwicklung an den Finanzmärkten vorherzusehen. Diese Prognosen stellen sich im Nachhinein nicht selten als falsch heraus. Viele Vorhersagen überschätzen die Stärke und Dauer von Kursanstiegen und erkennen einen Kurseinbruch nicht rechtzeitig. Die Anleger machen deshalb in sinkenden Märkten zu hohe Verluste.
Erfolgversprechender kann der Blick in die Vergangenheit sein. Aus der vergangenen Kursentwicklung lassen sich einfache Regeln ableiten, die der Anleger ohne Prognosen anwenden kann und die ihn vor irrationalen Entscheidungen schützen. Die Regeln lassen sich zum Beispiel in Krisensituationen rasch umsetzen, sie sind klar und transparent in ihrer Wirkung.
Die Regeln fällen die Anlageentscheide
Die Regeln basieren auf Erfahrungswerten und unterscheiden sich damit grundsätzlich von den mathematischen Modellen, welche die künftige Entwicklung vorhersagen wollen. Der Anleger definiert die Regeln vor der Erstinvestition, er testet sie anhand historischer Daten und prüft ihr Verhalten in Boomphasen, in Seitwärtsmärkten und in Aktienkrisen.
Sobald das Regelwerk steht, ist eine menschliche Einflussnahme ausgeschlossen. Die Regeln fällen sämtliche Anlageentscheide diszipliniert und kompromisslos und verhindern emotionale Fehlentscheide.
Das VZ VermögensZentrum behandelt jedes Jahr Tausende von Kundenfällen und stellt immer wieder fest, dass die Anleger vor allem in Stresssituationen emotional reagieren. Kein Investor, ob Laie oder Experte, handelt rein rational. Emotionale Fehlentscheide lassen sich schon mit ganz einfachen Regeln vermeiden.
Ein Stop-Loss-Auftrag etwa begrenzt den Verlust im Falle einer Börsenkorrektur. Der Anleger beauftragt damit seine Bank, eine Aktie zu automatisch verkaufen, wenn ihr Kurs beispielsweise 10 Prozent unter den aktuellen Wert sinkt.
Rebalancing, gleitende Durchschnitte und relative Stärke
Stop-Loss-Limiten eignen sich zwar zur Reduktion von Verlusten. Sie alleine reichen aber nicht aus, um ganze Anlagelösungen robust zu machen. Hierfür sind drei Regelarten speziell geeignet: Rebalancing, gleitende Durchschnitte und relative Stärke. Sie sind umfassend erforscht.
Beim Rebalancing (englisch für "Wiedereinpendeln") werden die Gewichtungen der Anlageklassen auf die Zielstrategie zurückgeführt, wenn sie zu stark davon abweichen. Anlageklassen mit Kursgewinn werden verkauft und solche mit Kursverlust gekauft. Dieses antizyklische Verhalten hat zur Folge, dass der Anleger keine höheren Risiken eingeht als ursprünglich gewünscht. Ein konsequent angewendetes Rebalancing kann zu einer leichten Mehrrendite gegenüber einer klassischen Kaufen-und-Halten-Strategie führen.
Der Rebalancing-Mechanismus

Gleitendende Durchschnitte und relative Stärke basieren auf dem Momentumeffekt. In der Geldanlage spricht man von Momentum, wenn eine Anlageklasse oder ein Titel sich in einem positiven Trend befindet. Trendinformationen lassen sich optimal in Regeln fassen und gut für die Steuerung eines Portfolios nutzen.
Gleitende Durchschnitte signalisieren Kauf- und Verkaufszeitpunkte. Sie lösen ein Kaufsignal aus, wenn eine Anlageklasse von einem negativen in einen positiven Trend wechselt. Solange der Trend positiv bleibt, ist die Anlageklasse investiert. Wenn er dreht, wird sie verkauft. Diese taktischen Verkäufe begrenzen die Verluste in einer Krise.
Die relative Stärke vergleicht die Trendstärke von verschiedenen Anlageklassen. Anlagestrategien mit relativer Stärke investieren jeweils nur in die Anlageklassen mit dem stärksten relativen Trend. In einer Boomphase können sie ausschliesslich in Aktien investieren, in einer Aktienkrise vollständig auf Aktien verzichten. Das verspricht zusätzliches Renditepotenzial.
Speziell interessant ist eine Kombination mehrerer Regeln. Sie reduziert das Verlustrisiko in einer Krise und schafft Renditepotenzial in einer Phase steigender Kurse. Langfristig eröffnet ein solches, aus mehreren Regeln bestehendes Regelwerk die Chance auf eine deutliche Mehrrendite gegenüber einer klassischen Anlagestrategie, bei der die Gewichtungen der einzelnen Anlageklassen im Verlaufe der Zeit nicht oder nur geringfügig angepasst werden.
Informieren Sie sich jede Woche über die neuesten Entwicklungen an den Finanzmärkten:
Institutionelle setzen schon seit Langem auf regelbasierte Anlagestrategien
Gewisse institutionelle Investoren setzen schon seit Jahrzehnten erfolgreich auf regelbasierte Anlagestrategien. Die Innovationen der letzten Jahre liegen denn auch weniger in den Konzepten und Modellen der regelbasierten Geldanlage, sondern vielmehr in der Öffnung dieser Konzepte für Privatanleger. Zwei Entwicklungen waren dafür verantwortlich:
- Die regelbasierte Geldanlage benötigt einfache und günstige Anlageinstrumente, mit denen sich ganze Märkte präzise abdecken lassen. Das ist erst mit den relativ jungen ETF möglich.
- Regelbasierte Anlagestrategien sind auf tiefe Transaktionskosten angewiesen. Weil jedes Kauf- und Verkaufssignal ausnahmslos umgesetzt wird, dürfen die Gebühren die Rendite nicht zu stark belasten. Erst der Internethandel und die seither entstandenen Günstiganbieter haben die Transaktionsgebühren auf ein attraktives Niveau gesenkt.