Inflation geht in der Schweiz zurück: Das sind die Gründe
Die Inflation setzt sich aus vielen verschiedenen Treibern zusammen. Was aber hat zum jüngsten Rückgang geführt – und welche Entwicklung ist für Sommer und Herbst zu erwarten?

Christoph Sax
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Der Preisauftrieb ist im März wieder gebremst worden. Die Teuerungsrate ging stärker als erwartet zurück – von 3,4 auf 2,9 Prozent. Auch die Kernteuerung, bei der die schwankungsanfälligen Energie- und Lebensmittelpreise herausgerechnet werden, gab von 2,4 auf 2,2 Prozent nach. Doch was sind nun die Treiber dieses Rückgangs?
An vorderster Front sind es die Preise für Erdölprodukte, die wieder günstiger geworden sind. Sie werden auch bei der Produktion von Kerngütern verwendet. Die Inflation wird als Veränderung des aktuellen Preisniveaus gegen-über dem Preisniveau vor einem Jahr berechnet. Vor einem Jahr notierte der Ölpreis aufgrund des Kriegsbeginns in der Ukraine zwischenzeitlich bei 120 Dollar pro Fass. Aktuell liegt er rund 30 Prozent tiefer. Dies wird gemeinhin als Basiseffekt bezeichnet. Dennoch ist die breiter gefasste Energieteuerung weiterhin positiv (vgl. Grafik).
Das liegt daran, dass die Strompreise administriert werden. So liegt der Strompreis aktuell gut einen Viertel über dem Vorjahresniveau. Preisrückgänge waren jedoch im Telekombereich sowie bei der Gesundheitspflege zu verzeichnen. Dass die Inflation nicht noch schneller rückläufig ist, liegt neben den gestiegenen Strompreisen auch an den Preiserhöhungen im Textilbereich und den Nahrungsmitteln.
So sind die Preise für Gemüse, Brot und Kleingebäck gegenüber dem Vorjahr um 8 bis 12 Prozent angestiegen. Das mag etwas überraschen, weil zum Beispiel der internationale Weizenpreis 30 Prozent unter dem Vorjahresniveau und 40 Prozent unter dem 12-Monate-Höchststand liegt. Auch der breit gefasste internationale Preisindex für Agrarrohstoffe liegt8 Prozent tiefer als noch im Vorjahr. Das lässt darauf schliessen, dass innerhalb der Lieferketten die Margen ausgedehnt wurden. Ein Grund dafür kann sein, dass Retailer dazu neigen, Anfang Jahr die Preise erhöhen und diese anschliessend stabil halten.
Die Folge davon ist, dass der Preisvorteil durch günstigere Einstandspreise nur mit zeitlicher Verzögerung an die Konsumenten weitergereicht wird. Diesen Effekt wird man in den kommenden Monaten vermutlich merken, weil die Kaufkraft etwas nachlässt. Das spricht gleichzeitig dafür, dass die Inflation noch weiter fällt. Gemäss heutigem Stand sieht es danach aus, dass bis Sommer sinkende Energiepreise die Inflation bremsen, ab Herbst dürfte dies auch in der Breite zu sehen sein.
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Der amerikanische Industriesektor sieht derzeit keine Besserung vor sich. Auch im Februar gingen die Bestellungen zurück, und zwar um 0,7 Prozent. Ökonomen hatten lediglich mit einem Minus von 0,5 Prozent gerechnet. Wie zudem die Firmenumfrage des Institute for Supply Management zeigt, hat sich die Talfahrt im März sogar beschleunigt. Die US-Notenbank hat die Zinsen binnen Jahresfrist stark erhöht, was zu gestiegenen Kreditkosten geführt hat. Diese wiederum wirken sich negativ auf die Nachfrage nach Industriegütern aus. Aber nicht nur in den USA mangelt es an Neuaufträgen. Auch in der Schweiz vermelden 39 Prozent der Unternehmen weniger gut gefüllte Auftragsbücher. Sie agieren deshalb auch bei der Lagerbewirtschaftung und beim Einkauf vorsichtig.
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