"Come back in November" – doch was ist dran an der Börsenweisheit?
Eine Redewendung empfiehlt Anlegerinnen und Anlegern, ihre Aktien im Mai zu verkaufen und im November wieder zu kaufen. Aber ist eine solche Anlagestrategie überhaupt lohnenswert?

Nino Zebiri
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Viele Anlageklassen scheinen die Tendenz zu haben, sich zu bestimmten Zeiten – beispielsweise an bestimmen Tagen, Monaten oder Jahren – in eine bestimmte Richtung zu entwickeln. Solche sogenannten Kalenderanomalien oder Saisonalitäten können verschiedene Ursachen haben. Diese sind jedoch häufig umstritten und lassen sich oft nicht eindeutig bestimmen. Eine Rolle spielen können beispielsweise ökonomische Gründe, Feiertage, Steuerüberlegungen oder psychologische Muster.
Eines der bekanntesten saisonalen Muster ist die Börsenweisheit «Sell in May and go away, but remember to come back in November». Dahinter steht unter anderem die Erkenntnis, dass Aktien in den Monaten November bis April im Durchschnitt deutlich besser abschneiden als die oft sogar negativen Monate Mai bis Oktober.
Monatliche Durchschnittsrenditen von Aktien Welt. Zwischen November und April wurde in jedem Monat eine positive Durchschnittsrendite erzielt (seit Ende 1974 bis Ende 2021, in CHF).
Das VZ hat den saisonalen Effekt in einer Studie untersucht. Die Studienautoren haben diese Handelsstrategie so lange zurückgerechnet, wie es die Datenverfügbarkeit zulässt. Dabei wurde die Existenz des Effektes mehrheitlich bestätigt, und zwar für verschiedene Aktienregionen und für verschiedene Zeitabschnitte.
Auch in diesem Jahr wäre man bislang mit einem Verkauf im Mai besser gefahren als mit einer Kaufen-und-Halten-Strategie. Der Weltaktienindex MSCI World erzielte beispielsweise in den Monaten Juni und September seine schwächste Rendite.
Eine Handelsstrategie mit Bezug zur Börsenweisheit wird so aufgesetzt, dass der Anleger seine Aktienanlagen zwischen April und November verkauft und das Geld in Liquidität oder Zinswerten hält. Die Umsetzung einer solche Strategie hat sich inzwischen stark vereinfacht, denn das Angebot an kostengünstigen passiven Anlagefonds (ETF und Indexfonds) hat in den letzten Jahren zugenommen. Und wer eine Bank mit tiefen Transaktions- und Depotgebühren wählt, kann die Strategie noch kosteneffizienter ausführen.
Wer eine Sell-in-May-Strategie umsetzen möchte, sollte sich jedoch bewusst sein, dass eine Kaufen-und-Halten-Strategie mehrere Jahre hintereinander deutlich bessere Resultate erzielen kann. Eine Sell-in-May-Strategie eignet sich nur für Anleger, die sie konsequent über einen sehr langen Zeitraum umsetzen.
Zudem sind die Ursachen für den Effekt, wie erwähnt, nicht genau geklärt. Solange sich die Existenz des Effektes nicht begründen lässt, sollten Anleger trotz der in der Vergangenheit guten Resultate kritisch gegenüber einer Marktsaisonalität eingestellt sein.
Haben Sie Fragen zu Ihren Anlagen? Dann vereinbaren Sie einen Termin im VZ in Ihrer Nähe.
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