Geldanlagen

Anleger blicken zuversichtlicher in die Zukunft

Wie entwickelt sich die Zinslandschaft? Was sind die Treiber an den Aktien- und Anleihemärkten? Wie sieht es bei anderen Anlageklassen aus? Eine Einschätzung von VZ-Anlagechef Christoph Sax.

Christoph Sax

Chief Investment Officer
Publiziert am
08. Februar 2023

1. Lagebeurteilung: Die Perspektiven hellen sich etwas auf

Es mehren sich jedoch die Anzeichen, dass die Inflationsbekämpfung der Notenbanken Wirkung zeigt. Ausserdem fällt die Konjunkturdelle in Europa weniger tief aus als befürchtet. Die Energieknappheit hat sich bislang nicht verschärft. Gleichzeitig hat sich der Kostendruck bei den Lieferketten abgeschwächt. In den USA befindet sich die Wirtschaft nach wie vor auf Wachstumskurs.

Viele Unternehmen blicken wieder zuversichtlicher in die Zukunft. Die Aktienmärkte haben ihren Erholungstrend deshalb fortgesetzt. Unter den Anlegern dominierte im Januar die Zuversicht, dass die Straffung der Geldpolitik keine harte Landung der Wirtschaft zur Folge haben wird. Viele Anleger waren in Europa lange unterinvestiert. Die Aufhellung der Datenlage in der Eurozone hatte erhebliche Mittelzuflüsse in die Währungsunion zur Folge.

Die EZB hält das Tempo hoch

Der Euro hat gegenüber dem Dollar denn auch Boden gutgemacht. Ein weiterer Grund dafür sind die unterschiedlichen Aussichten für die Geldpolitik. In den USA hat die Notenbank das Tempo der Leitzinserhöhungen verlangsamt. In der Eurozone hingegen hält die Europäische Zentralbank (EZB) vorerst an grossen Zinsschritten fest. Die Erholung des Euro gegenüber dem Dollar dürfte indessen nur temporär sein.

Langfristig sehen wir für die Eurozone nach wie vor die grösseren politischen Risiken und einen stärkeren Inflationsdruck.

Schweizer Wirtschaft schwächelt

Die Schweizer Wirtschaft dürfte im 4. Quartal stagniert haben. Zurzeit sieht es jedoch danach aus, dass eine Rezession vermieden werden kann: Das KOF-Konjunkturbarometer hat sich im Januar stark erholt und signalisiert zurzeit ein moderates Wachstum. Der Einkaufsmanagerindex (PMI) für die Schweizer Industrie notiert indessen knapp unter der Wachstumsgrenze. Die Industrie dürfte vorerst kaum zum Schweizer BIP-Wachstum beitragen. Auch der Aussenhandel hatte sich zuletzt etwas abgeschwächt. Die Aufhellung der Stimmung in der Eurozone und in China könnte aber schon bald neue Impulse liefern.

Fazit

  • Die Anleger blicken zuversichtlicher in die Zukunft.
  • Die Konjunkturdelle fällt bislang schwächer aus als befürchtet.
  • Die Schweizer Wirtschaft stagniert. Eine Rezession kann aber vermutlich vermieden werden.

2. Aktien: Starker Jahresauftakt der Börsen

Die Aktienmärkte sind fulminant ins Jahr 2023 gestartet. Sämtliche Aktienregionen konnten in den ersten Wochen zulegen - allen voran europäische Aktien. In der Eurozone hat sich die Stimmung der Anleger deutlich aufgehellt. Das Negativszenario einer Energiemangellage mit dem schlimmsten Fall einer Rationierung der Energie ist fürs Erste vom Tisch. Auch der Rückgang der Teuerung hat dazu beigetragen.

Trotz allem sind die Konjunkturaussichten für Europa weiterhin schlechter als für die USA und auch für die Schweiz. Dennoch schnitt der Schweizer Aktienmarkt für einmal schwächer ab als die anderen Regionen. Dies ist vor allem auf die drei Schwergewichte Nestlé, Roche und Novartis zurückzuführen, die hinter dem Gesamtmarkt zurückgeblieben sind. Roche und Novartis enttäuschten mit Kurseinbussen seit Anfang Jahr.

Sektor-Rotation nimmt Fahrt auf

Seit Ende letzten Jahres hat eine Sektor-Rotation stattgefunden, bei der Anlagegelder aus den defensiven Sektoren in eher zyklische und wachstumsorientierte Titel zurückgeflossen sind. Untermauert wird dieser Trend durch die sehr gute Performance der Unternehmen aus den Bereichen Kommunika¬tion, zyklischer Konsum und IT, die zugleich die drei schwächsten Sektoren des letzten Jahres waren (siehe Abbildung).

Auch auf Unternehmensebene ist dieser Effekt sichtbar. Titel wie Tesla (zyklischer Konsum) oder Meta (Kommunikation), die 2022 fast zwei Drittel ihres Börsenwertes verloren hatten, konnten seit Jahresbeginn mehr als 50 Prozent zulegen. Die aufgehellte Stimmung am Aktienmarkt ist auch an der Überrendite der kleinkapitalisierten Unternehmen rund um den Globus sichtbar.

Abschwächung des Privatkonsums

Trotz der starken Kursavancen bleibt das Umfeld herausfordernd. Die Teuerung hat sich zwar abgeschwächt, liegt aber in weiten Teilen der Welt weiterhin über Ziel. Der Privatkonsum, der die Wirtschaft lange gestützt hat, schwächt sich ab, und vielerorts dürfte eine Rezession bevorstehen. Die Aussichten haben sich aber zweifelsohne etwas aufgehellt. Die Rezession dürfte in den meisten Ländern weniger stark ausfallen als befürchtet.

An den Arbeitsmärkten herrscht zwar nach wie vor Fachkräftemangel. Es gibt jedoch erste Anzeichen, dass der Lohndruck ein wenig nachlässt und die damit befürchtete Lohn-Preis-Spirale ausbleibt. Dieses Szenario würde den Notenbanken helfen, die geldpolitische Straffung zu beenden. Auch die Öffnung der chinesischen Wirtschaft kann der Konjunktur weltweit Rückenwind verleihen.

Fazit

  • Die Aktienmärkte sind gut ins Jahr 2023 gestartet.
  • Sektor-Rotation von defensiven zu Wachstumstiteln.
  • Unsicherheiten betreffend der Teuerungsentwicklung bleiben.

3. Zinsen: Rückgang der Inflation führt zu Entspannung am Obligationenmarkt

Die US-Notenbank Fed hat den Leitzins am 2. Februar nur um 0,25 Prozentpunkte angehoben. Das Zielband liegt damit neu zwischen 4,5 und 4,75 Prozent. Fed-Chef Jerome Powell stellte zwar weitere Zinsschritte in Aussicht, gleichzeitig räumte er aber ein, dass ein Trend zur Disinflation bereits erkennbar sei.

Die Europäische Zentralbank (EZB) hat den Leitzins hingegen erneut um einen halben Prozentpunkt erhöht. Damit liegt der Hauptrefinanzierungssatz in der Eurozone nun bei 3 Prozent, der Einlagesatz bei 2,5 Prozent. Ab März wird die EZB zudem die Bilanz verkleinern, indem sie Mittel aus auslaufenden Anleihen in Umfang von 15 Milliarden Euro pro Monat nicht mehr reinvestiert. Die EZB hat für März eine weitere Leitzinserhöhung um 0,5 Prozentpunkte in Aussicht gestellt. Der Wirtschafts- und Inflationsausblick der EZB präsentierte sich allerdings aufgehellter als noch Ende Jahr.

In Grossbritannien hat die Bank of England den Leitzins ebenfalls um 0,5 Prozentpunkte angehoben. Die Stellungnahme war jedoch wesentlich weniger restriktiv als bis anhin, sodass ein baldiges Ende der Zinsstraffungen wahrscheinlicher wird.

Die Schweizerische Nationalbank (SNB) nimmt erst im März ihre nächste geldpolitische Lagebeurteilung vor. In der Schweiz notiert der Leitzins seit Dezember bei 1 Prozent. Die Signale des SNB-Direktoriums deuten auf weitere Leitzinserhöhungen hin. Es ist aber davon auszugehen, dass der SNB-Leitzins im Laufe des Jahres seinen Höhepunkt erreichen wird.

Fazit

  • Die Signale der Zentralbanken deuten auf eine weitere Verlangsamung der Leitzinserhöhungen hin.
  • Die langfristigen Zinsen dürften in den kommenden Monaten volatil bleiben.
  • Die Chancen stehen gut, dass Zinswerte 2023 positive Erträge abwerfen werden.

4. Weitere Anlageklassen: Verbesserte Perspektiven bei Cat Bonds, Auf und Ab beim Gold

Höhere Risikoprämien bei Cat Bonds

Zu Beginn des vierten Quartals 2022 mussten Cat Bonds aufgrund der grossen Hurrikanschäden in Florida einen erheblichen Kursrücksetzer hinnehmen. Unmittelbar danach setzte jedoch eine starke Kurserholung ein, die sich zu Jahresbeginn fortgesetzt hat. In Franken war die Performance indessen weitaus schwächer, weil der Dollar gegenüber dem Franken stark an Wert eingebüsst hat. Belastend wirkte Ende Jahr zwischenzeitlich auch der Wintersturm Eliott, der in den USA Schäden im Umfang von rund 5 Milliarden Dollar verursacht hat. Durch den Anstieg der Risikoprämien notieren die Verfallrenditen von Katastrophen-Anleihen auf dem höchsten Stand seit zehn Jahren. Die Attraktivität der Anlageklasse ist somit stark gestiegen.

Auf und Ab beim Goldpreis

Der Goldpreis profitierte vom schwächeren Dollar und vom Rückgang der Zinsen. Der unerwartet starke US-Arbeitsmarktbericht vom Januar führte zuletzt allerdings zu einem Rücksetzer. Mit 1'874 US-Dollar pro Unze liegt der Gold-Kurs aber noch immer 3 Prozent über dem Wert von Ende 2022.

Seitwärtstendenz des Ölpreises

Der Ölpreis litt unter der nachlassenden globalen Wirtschaftsdynamik. Auch höhere Lagerbestände lasteten auf den Preisen. Seit Dezember tendiert der Ölpreis seitwärts. Stützend wirkte zum einen die Aufhebung der Pandemie-Schutzmassnahmen in China. Andererseits dürfte auch die Fragmentierung des Marktes infolge der Russland-Sanktionen einen weiteren Rückgang des Preises verhindert haben. Die Nordsee-Sorte Brent wird aktuell zu 82 US-Dollar pro Barrel gehandelt.