Nachlass

Willensvollstreckung: Das sollten Sie wissen

Wer seine Angehörigen entlasten möchte, beauftragt in seinem Testament oder Erbvertrag eine geeignete Person oder Institution mit der Willensvollstreckung. Der Willensvollstrecker unterstützt die Erben in der Zeit der Trauer und kümmert sich bis zur Erbteilung um alle finanziellen Angelegenheiten und die Nachlassverwaltung. Bei Streit unter den Erben erarbeitet er kompromissfähige Lösungen.

Gabrielle Sigg
Expertin Willensvollstreckung

Wann empfiehlt sich eine Willensvollstreckung?

Nach dem Tod eines Angehörigen kommt auf die Hinterbliebenen eine ganze Reihe von anspruchsvollen Aufgaben zu. Wenn die dringendsten Dinge wie zum Beispiel die Kündigung der laufenden Verträge des Verstorbenen erledigt sind und die Trauerfeier durchgeführt ist, geht es darum, den Nachlass zu ordnen und aufzuteilen. Die Erben sind mit dieser Aufteilung oft überfordert – selbst wenn der Erblasser seinen Nachlass in einem Testament oder Erbvertrag geregelt hat.

Merkblatt

Ein Willensvollstrecker entlastet Ihre Erben

Was Sie beachten sollten, wenn Sie einen Willensvollstrecker einsetzen, erfahren Sie aus diesem Merkblatt.

Wenn Streit unter Erben ausbricht oder sie nicht einig sind, kann es manchmal Jahre dauern, bis das Erbe geteilt wird. Die Mitglieder einer Erbengemeinschaft müssen jeden Entscheid gemeinsam fällen. Ein einziger Erbe kann deshalb die Teilung des Nachlasses jahrelang blockieren, selbst wenn ihm nur ein kleiner Anteil am Erbe zusteht. Die Erben vernachlässigen in so einer Situation oft die Verwaltung des Nachlassvermögens. Das kann sie viel Geld kosten.

Wer seine Angehörigen entlasten möchte, setzt darum im Testament oder Erbvertrag eine professionelle Willensvollstreckerin oder einen professionellen Willensvollstrecker ein. Besonders ratsam ist eine Willensvollstreckung in diesen Fällen:

  • Wenn viele Erben den Nachlass untereinander aufteilen müssen;
  • Wenn es unter den Erben zu Streit kommen könnte;
  • Wenn die Hinterbliebenen mit administrativen Aufgaben und rechtlichen Fragen überfordert sind;
  • Wenn der Nachlass komplex ist, weil Liegenschaften, unterschiedliche Arten von Vermögensanlagen oder eigene Unternehmen zum Nachlass gehören;
  • Wenn sich die Erbteilung aus anderen Gründen stark verzögern könnte und deshalb die Gefahr besteht, dass die Bewirtschaftung des Nachlassvermögens vernachlässigt wird.

Was macht der Willensvollstrecker?

Die im Testament oder Erbvertrag mit der Willensvollstreckung beauftragte Person oder Institution setzt den letzten Willen des Erblassers um, sorgt für eine effiziente Erbteilung und sucht bei Streitigkeiten unter den Erben kompromissfähige Lösungen. Das macht für die Hinterbliebenen vieles leichter.

Ein Willensvollstrecker nimmt den Erben administrative Arbeiten ab, treibt ausstehende Forderungen ein, bezahlt offene Rechnungen und richtet Vermächtnisse aus. Er leitet alle notwendigen Massnahmen ein, damit die Erbschaft bis zu ihrer Teilung im Wert nicht geschmälert wird. Er verkauft zum Beispiel von einem Kursverfall bedrohte Wertschriften und kümmert sich um den Unterhalt von Liegenschaften.

Gleichzeitig bereitet er die Erbteilung vor. Er stellt das Nachlassvermögen fest, das die Basis für die Teilung bildet. Er ermittelt dazu zum Beispiel den aktuellen Wert der Liegenschaften im Nachlass und bereitet bei verheirateten Erblassern die güterrechtliche Auseinandersetzung vor. Von der güterrechtlichen Auseinandersetzung hängt ab, welcher Teil des ehelichen Vermögens dem hinterbliebenen Partner gehört. Er muss nur das Vermögen mit den übrigen Erben teilen, das gemäss dem gewählten Güterstand dem Erblasser zusteht. Anschliessend macht der Willensvollstrecker einen Teilungsvorschlag, gestützt auf die Anordnungen des Erblassers.

Bei Streit zwischen den Erben nimmt der Willensvollstrecker die Rolle des Mediators ein. Er versucht eine Lösung für die Aufteilung des Erbes zu finden, die für alle Erben tragbar ist. Das ist vorteilhafter, als den Konflikt vor Gericht auszutragen. Gerichtliche Erbteilungsprozesse sind oft zermürbend für die Erben und je nach Streitwert auch sehr teuer.

Wie läuft eine Willensvollstreckung ab?

Der Willensvollstrecker unterstützt die Erben in der Zeit der Trauer und kümmert sich bis zur Erbteilung um alle finanziellen Angelegenheiten. Dieser Prozess ist aufwändig und kann gut und gern zwei Jahre dauern: 

Bestandesaufnahme

Die Willensvollstreckerin macht eine Auslegeordnung aller Vermögenswerte. Sie prüft die Ansprüche der Erben aufgrund des Erbrechts, des Güterstands und der Anordnungen der verstorbenen Person. Sie versammelt alle Erben und bespricht anstehende Aufgaben mit ihnen. Das ist auch ein guter Zeitpunkt, um die Geldanlagen zu überprüfen.

Massnahmen

Die Willensvollstreckerin erstellt das Inventar der flüssigen Mittel, Geldanlagen, Liegenschaften und Wertgegenstände. Sie kümmert sich um alle Konten, Policen und Vorsorgegelder sowie um die Steuererklärung per Todestag. Je nach Familiensituation kann sie auch den Hausrat auflösen oder die Liegenschaft verkaufen.

Erbteilung

Wenn die wichtigsten Eckwerte zu den Liegenschaften und übrigen Vermögenswerten vorliegen, macht die Willensvollstreckerin einen Teilungsvorschlag. Dabei stützt sie sich auf die Anordnungen des Verstorbenen. Lehnen die Erben den Vorschlag ab, werden andere Lösungen gesucht, die für alle Beteiligten fair sind.

Umsetzung

Wenn sich alle Erben einig sind, unterschreiben sie den Teilungsvertrag. Jetzt kann die Willensvollstreckerin die liquiden Mittel überweisen, Wertschriften transferieren und Wertgegenstände wie Schmuck oder Bilder aushändigen. Sie schreibt auch Immobilien auf die neuen Eigentümer um und saldiert nach der Erbteilung alle Konten.

Wer eignet sich als Willensvollstrecker?

Der Willensvollstrecker hat weitreichende Befugnisse. Und die Erben können ihn nicht ohne Weiteres absetzen, wenn er seine Aufgaben nicht richtig oder nur schleppend erfüllt.

Einen Willensvollstrecker sollte man deshalb sehr sorgfältig auswählen. Grundsätzlich ist jede Person oder Institution befugt, das Amt eines Willensvollstreckers auszuüben. Ein Willensvollstrecker sollte sich jedoch mit Geldanlagen, Steuern, Liegenschaften, Versicherungen und im Erbrecht auskennen. Es genügt allerdings nicht, wenn er in finanziellen Angelegenheiten kompetent ist. Er muss von den Erben auch möglichst gut akzeptiert sein und gleichzeitig unabhängig bleiben.

Eine Einzelperson als Willensvollstrecker einzusetzen, kann problematisch sein. Wenn sie vor dem Erblasser oder noch während der Erbteilung stirbt, sind die Erben auf sich allein gestellt. Manche Erblasser bestimmen als Willensvollstrecker einen Erben, einen nahen Verwandten oder Freund. Erben haben immer auch Eigeninteressen, und die Nähe eines Verwandten oder Freundes zu einzelnen Familienangehörigen kann zum Problem werden, wenn sie eine neutrale Optik verunmöglicht. In der Regel fehlt diesen Personen auch das fachliche Wissen, das vor allem bei komplexen Sachverhalten notwendig ist.

Meistens ist es besser, eine Institution mit entsprechendem Fachwissen mit der Willensvollstreckung zu beauftragen, die gleichzeitig die finanziellen Verhältnisse des Erblassers möglichst gut kennt. Damit ist die Neutralität gewahrt, und die Erben haben jemanden, der Lösungen vorschlägt, die für alle tragfähig sind. Dafür lohnen sich auch die anfallenden Kosten.

Was kostet eine Willenvollstreckung?

Der Willensvollstrecker hat gemäss Gesetz Anspruch auf eine angemessene Entschädigung. Als angemessen gilt laut dem Bundesgericht ein Honorar, das sich nach dem effektiven Aufwand und einem berufsüblichen Stundenansatz richtet. Eine Entschädigung in Prozenten des Nachlassvermögens oder der Aktiven, wie sie früher stark verbreitet war, ist heute nicht mehr zulässig.

Willensvollstreckung beim VZ