Nachlass

Wann ist ein Erbvertrag sinnvoll?

Ein Testament kann jederzeit geändert werden, ein Erbvertrag hingegen ist verbindlich. Seit 1. Januar 2023 gilt neu bei Erbverträgen grundsätzlich ein Schenkungsverbot, das auch alle Verträge betrifft, die bereits vor diesem Datum abgeschlossen wurden.

Gabrielle Sigg
Expertin Willensvollstreckung

Der Erbvertrag ist ein Vertrag zwischen dem Erblasser und einzelnen oder mehreren Erben. Er muss öffentlich beurkundet werden.

Auflösen oder ändern lässt sich ein Erbvertrag nur, wenn alle Vertragsparteien einverstanden sind. Eine einseitige Auflösung ist nur in Ausnahmefällen möglich: wenn sich ein Begünstigter eines Verhaltens schuldig macht, das einen Grund für eine Enterbung darstellt, oder wenn eine Partei die vertraglichen Abmachungen bricht.

Wer hingegen sein Testament ändern oder annullieren will, kann dies jederzeit und ohne Einverständnis der Betroffenen tun. Der Abschluss eines Erbvertrags will also gut überlegt sein.

Merkblatt

Erbvertrag und Co: So regeln Sie das Wichtigste

Wer die wichtigsten Dinge frühzeitig regelt, entlastet die ganze Familie. Dieses Merkblatt zeigt Ihnen auf, welche Instrumente Sie haben – und wie sie funktionieren.

Sinnvoll ist ein Erbvertrag, wenn sich Personen unwiderruflich begünstigen wollen (zum Beispiel Ehepartner), oder wenn jemand freiwillig auf seinen Pflichtteil verzichtet. Denn nur mit einem Erbvertrag kann man ausschliessen, dass pflichtteilsgeschützte Erben bei der Erbteilung Ansprüche geltend machen können, auf die sie früher verzichtet hatten.

Auch ein Erbauskauf gehört in einen Erbvertrag. Von Erbauskauf spricht man, wenn ein Erbe vertraglich auf seinen gesetzlichen Erbanspruch verzichtet und dafür eine Abfindung erhält. Ein Vater kann zum Beispiel seinem Sohn eine einmalige Summe zahlen, damit er zugunsten der Mutter auf sein Erbe verzichtet. Denkbar ist auch, dass der Sohn nur vorläufig auf sein Erbe verzichtet, bis auch seine Mutter gestorben ist. Verzichtet der Sohn endgültig auf sein Erbe und stirbt vor dem Erblasser, haben auch seine Nachkommen keinen Anspruch mehr auf den Pflichtteil, der gemäss gesetzlicher Erbfolge für ihren verstorbenen Elternteil vorgesehen wäre. Bei einem endgültigen Erbverzicht geht man zudem auch dann leer aus, wenn der Erblasser später zu weiterem Vermögen kommt.

Tipp: Verfassen Sie Ihren Erbvertrag so, dass Sie Teile davon ohne das Einverständnis der anderen Parteien widerrufen können, zum Beispiel, wenn ein Vertragspartner stirbt. Halten Sie fest, welche Bestimmungen Sie einseitig abändern können und welche nicht.

Gesetzliches Schenkungsverbot seit 1. Januar 2023

Bisher hinderte ein Erbvertrag den Erblasser nicht daran, zu Lebzeiten über sein Vermögen frei zu verfügen – selbst wenn dadurch bei der Erbteilung nicht mehr viel vorhanden war. Anfechtbar waren Schenkungen nur, falls sie im Erbvertrag ausdrücklich untersagt wurden. Oder falls der Schenkende die Erben bewusst benachteiligen wollte, was sich allerdings in der Praxis selten nachweisen liess. 

Heute ist es für benachteiligte Erben einfacher, Schenkungen erfolgreich anzufechten. Das revidierte Erbrecht sieht nämlich generell ein Schenkungsverbot vor, falls Zuwendungen unter Lebenden gemäss Erbvertrag nicht ausdrücklich erlaubt sind – mit Ausnahme von Gelegenheitsgeschenken. Dieses Schenkungsverbot gilt seit 1. Januar 2023, und zwar auch für alle Erbverträge, die vor diesem Datum abgeschlossen wurden. Wer trotzdem weiterhin Schenkungen ausrichten möchte, sollte den Vertrag anpassen. Dazu braucht es allerdings das Einverständnis aller Beteiligten und eine neuerliche öffentliche Beurkundung.

Für Schenkungen, die vor Inkrafttreten der Revision ausgerichtet wurden, gelten die bisherigen Bestimmungen.